Dämmstoffe zur Gebäudeisolierung

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Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS):
Segen für den Klimaschutz! Katastrophe für den Brandschutz?

Brandgefahren und Sicherheitsrisiken:
Herausforderungen für Schutzmaßnahmen und Rettungskräfte


Im Zuge der aktuellen Klimaschutzziele wurden insbesondere die Anforderungen an Energieeffizienz von Heizungsanlagen und die Maßnahmen zur Vermeidung von Wärmeverlusten aus Gebäuden verschärft. Daraus resultiert ein verstärkter Bedarf an Wärmedämmung, sowohl bei Neubauprojekten als auch bei der thermischen Sanierung im Gebäudebestand.

Aus dem Inhalt:

  • dämmstoff-technische Lösungsansätze für den Klimaschutz:
die Kehrseite der Medaille – Brandgefahr:
  • das Paradoxon eines Baustoff-Prüfverfahrens:
schwer entflammbar = grundsätzlich brennbar
  • hohe Sachschäden und die tragischen Folgen für Personen:
Schadenerfahrung (nicht nur in Deutschland und nicht erst seit gestern)
  • weitere Gefahren für Menschen und Umwelt:
gesundheitsschädliche und umweltgefährdende Inhaltsstoffe
  • mehrstufiger Ansatz zur Schadenverhütung:
erweiterte Anforderungen aus Sicht von Brandschutzexperten


Dämmstoff-technische Lösungsansätze für den Klimaschutz:

Die hohen Anforderungen an Energieeinsparung im Gebäudebereich sind nur mit effizienten Lösungen zur Wärmedämmung zu realisieren. Hierbei kommen im Bereich der Fassade aber auch für konstruktive Bauelemente (Sandwich-Paneele) vorzugsweise WärmeDämmVerbundSysteme (WDVS) mit Dämmmaterialien aus geschäumtem Kunststoff zum Einsatz. Dies ist insbesondere darin begründet, dass unzureichend gedämmte Außenwände bei Gebäuden erheblich am Wärmeverlust beteiligt sind. Dabei ist die Entwicklung zu weiter steigenden Dämmstoffdicken aufgrund der schrittweisen Verschärfung der Vorgaben zum Wärmeschutz zu beobachten.

Die Dämmstoffe kommen überwiegend in Form von Hartschaumplatten zur Anwendung und sind aus dem Grundmaterial Kunststoff hergestellt. Bei Neubau- und Sanierungsprojekten im Wohnungsbau werden insbesondere Dämmplatten aus extrudiertem Polystyrol (EPS, XPS) eingesetzt, im Gewerbe- und Industriebau verwendet man vorzugsweise geschäumte Dämmstoffe aus Polyurethan (PU) in Metallkassettenpaneelen (Sandwich-Paneele).


die Kehrseite der Medaille, Brandgefahr:

Baurechtliche Anforderungen verlangen erst ab Gebäudeklasse 4 (bzw. Gebäudehöhe > 7m), dass Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe schwerentflammbar ausgeführt sind. Geschäumte Kunststoffe bieten zahlreiche Vorteile hinsichtlich geringer Kosten, guter Verarbeitbarkeit und guter Dämmwerte und damit optimale Voraussetzungen für den Einsatz als Dämmstoff.

Brandschutztechnisch haben die Dämmmaterialien aus geschäumten Kunststoffen allerdings einen wesentlichen Nachteil. Auch wenn geschäumte Dämmstoffe behördlich anerkannt und normativ zugelassen sind, verbirgt sich hinter dem Begriff „schwer entflammbar“ (gemäß DIN 4102 B1) dennoch ein kritisches Brandverhalten. Insofern gibt es für den terminus technicus „schwer entflammbar“ aus brandschutztechnischer Sicht nur eine gültige Übersetzung: * schwer entflammbar = grundsätzlich brennbar


das Paradoxon eines Baustoff-Prüfverfahrens:

Zudem ist zu berücksichtigen, dass das in Deutschland eingesetzte Baustoffprüfverfahren zur brandschutztechnischen Einstufung (Brandschachtverfahren gemäß DIN 4102) in der Fachwelt stark umstritten ist. Bei dem Prüfverfahren zur Einstufung des Brandverhaltens handelt es sich um einen Laborversuch, bei dem die Prüfkriterien als bestanden gelten, wenn nach dem Brandversuch der 100 cm lange Prüfkörper eine unverbrannte Restlänge von 15 cm aufweist. Demnach gilt eine Abbrandrate von 85% als akzeptiert. Das Prüfverfahren gilt bei Brandschutzexperten insbesondere auch deshalb als praxisfremd, weil sich im Verlauf des Brandtests der senkrecht stehende Prüfkörper durch materialtypisches Abschmelzen immer weiter von der Zündquelle entfernt, wodurch die auf den Prüfkörper wirkende Energie während des Prüfverfahrens stetig abnimmt.

Kritiker konstatieren, dass dieser Versuchsaufbau für abschmelzenden Materialien ideale Voraussetzungen bietet, um den Test zu bestehen und ein Durchfallen daher quasi unmöglich ist. Daher darf es niemanden verwundern, dass Dämmmaterialien aus Polystyrol als „schwer entflammbar“ (DIN 4102-B1) eingestuft sind.

Insofern lässt sich aus diesen Laborversuchen nur bedingt eine seriöse Aussage zum Brandverhalten oder zur Brandausbreitung bei realen Brandszenarien ableiten. Aus diesem Grund wurde das in Deutschland eingesetzte Verfahren auf Europäischer Ebene inzwischen verworfen und durch ein realitätsnahes Prüfverfahren (Brandprüfungen nach EN 13501-1) ersetzt. Nach diesem neuen Prüfverfahren wird Dämmmaterial aus geschäumtem Kunststoff als „normal entflammbar“ (B2) eingestuft, was den Forderungen von Brandschutzexperten Rechnung trägt und im Übrigen auch die allgemeine Schadenerfahrung widerspiegelt.


das Dilemma:

Würde man das realitätsnahe europäische Baustoffprüfverfahren in Deutschland vorschreiben, dürften nach derzeitigen baurechtlichen Kriterien (mindestens B1) für die meisten Bauprojekte geschäumte Kunststoffe als Dämmmaterial nicht mehr eingesetzt werden. Insofern ergibt sich das Paradoxon dass wider besseres Expertenwissen um die brandschutztechnische Realität in Deutschland weiterhin an dem praxisfremden Prüfverfahren festgehalten wird und somit brandschutztechnisch kritische Materialien als Dämmstoffe weiterhin verwendet werden.


hohe Sachschäden und die tragischen Folgen für Personen:

Unbestritten ist, dass Dämmmaterialien aus geschäumten Kunststoffen wesentlich zur Erhöhung der Brandlast von Gebäuden und damit im Brandfall zu Erhöhung des Schadenausmaßes beitragen. Geschäumte Dämmstoffe, wie sie in den Fassaden-Dämmstoffplatten verarbeitet sind, besitzen einen ähnlich hohen Heizwert wie klassische Energieträger (z.B. Heizöl). Zudem belegen zahlreiche Schadenbeispiele, dass bei Einsatz von geschäumten Dämmstoffen bereits ein normaler Zimmerbrand mit nach außen durch die Fensterfront schlagenden Flammen, ein brennender Abfallcontainer in der Nähe einer Außenfassade oder die Wärmestrahlung durch ein Brandereignis an einem benachbarten Gebäude schnell ein ausgedehntes, für die Feuerwehren „unbeherrschbares“ Brandszenario verursachen kann.

Neben Wohnungsbränden, bei denen klassischerweise die aus einem Fenster heraus schlagenden Flammen einen Fassadenbrand auslösen, belegen Schadenbeispiele mit zahlreichen weiteren Brandszenarien die Brandgefahr von WDVS:

  • 24.04.2009 - Konstanz: Ein brennender Motorroller, welcher an der Fassade geparkt war, führte Bei einem 4-geschossigen Wohngebäude zur Entzündung der Fassade bis zur Dachgaube im 3. Obergeschoss.
  • 22.05.2009 - Aachen: Ausgehend von einem Brand in einem Anbau wurde die Fassade des angrenzenden 4-geschossigen Wohnhaus über zwei Geschosse vollständig zerstört.
  • 11.06.2011 - Delmenhorst: Durch Brandstiftung an einer Mülltonne, der vor der Fassade mit WDVS abgestellt war, wurden fünf miteinander verbundene Mehrfamilienhäuser mit über 50 Wohnungen nahezu vollständig zerstört.
  • 20.05.2012 - Frankfurt: Durch Brandstiftung auf einer Baustelle wurde die Fassade eines 6-geschossigen Gebäudes mit WDVS großflächig zerstört.
  • 11.04.1996 - Flughafen Düsseldorf: Neben einem Sachschaden im 3-stelligen Millionenbereich starben infolge der starken Rauchentwicklung und der schnellen Ausbreitung des Feuers 17 Menschen, 88 wurden z.T. schwer verletzt.


Nicht erst seit der Brandkatastrophe am Flughafen Düsseldorf, bei dem Dämmstoffplatten aus Polystyrol zu dem verheerenden Brandszenario maßgeblich beigetragen haben, weiß man um die enorme Brandlast von Dämmstoffen aus geschäumten Kunststoffen. Durch die extreme Hitzeentwicklung im Brandfall und die Tatsache, dass sich die Brandlast außerhalb des Wirkungsbereiches von Löschanlagen (z.B. Sprinkleranlagen) befindet, kann es zu einer raschen und unkontrollierbaren Brandausweitung kommen, so dass es bei Fassadenbränden binnen weniger Minuten zu einem Vollbrand und häufig zum Brandübertritt in die Innenräume kommen kann.

Ein vollflächiger Abbrand der Fassade mit nachfolgendem Totalschaden ist somit häufig unausweichlich. Bei Kunststoffbränden kommt es zudem zu einer intensiven Entwicklung von Brandrauch, der große Mengen an toxischen und umweltgefährdenden Brandfolgeprodukten enthält. Hohe Abbruch- und Entsorgungskosten sind die Folge.

Dieses Wissen über die brandschutztechnischen Nachteile von Dämmmaterialien aus geschäumten Kunststoffen ist inzwischen nicht mehr nur der Fachwelt bekannt, sondern wurde über Medien und allgemein zugänglichen Informationsplattformen auch der breiten Bevölkerung zugänglich gemacht.

Beobachtet man allerdings die stetig wachsende Verwendung von geschäumten Kunststoffen im Bereich der Gebäudedämmung, kommt man zu der Überzeugung, dass hinsichtlich der brandschutztechnischen Nachteile weiterhin intensive Aufklärung notwendig ist.


Gefahren für Menschen und Umwelt: Im Hinblick auf die negativen Eigenschaften von geschäumten Dämmstoffen steht allerdings nicht nur die erhöhte Brandgefahr im Fokus der Kritik.

In der Fachwelt werden zahlreiche weitere Nachteile der „Plastik-Dämmstoffe“ diskutiert. Die luftigen Platten aus Styropor sind dem Alltag oft nicht gewachsen. Dass Vögel Löcher in Fassaden hacken oder dass sich Nagetiere vermehrt in Hauswänden einnisten, sind zwar unschöne Begleiterscheinungen, bieten allerdings kaum ein gewichtiges Argument gegen eine Verwendung von geschäumten Dämmstoffplatten. Seitdem jedoch zunehmend bekannt wird, dass der Einsatz von geschäumten Kunststoffen als Dämmmaterial auch Gefahren für Menschen und Umwelt verursacht, hat die Aufmerksamkeit für dieses Thema enorm zugenommen.


Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Damit geschäumte Kunststoffe als Dämmstoff verwendet werden dürfen, müssen diese mit sogenannten Flammschutzmitteln ausgerüstet werden.

Hierbei kommt häufig das gesundheitsschädliche Brandschutzmittel HBCD (Hexabromcyclododecan) zum Einsatz, dessen schädliche Wirkungen für Menschen und Natur als hoch problematisch eingestuft wird (persistent, bio-akkumulativ und toxisch). Nicht ohne Grund gilt ab August 2015 ein weltweites Herstellungs- und Anwendungsverbot.

Ungeachtet dessen, stecken mittlerweile mehrere Tausend Tonnen dieses als hochgradig toxisch eingestuften Stoffs in Hausfassaden. Laut einer Studie der Vereinten Nationen gelangen im Rahmen der Einbau- und Abrissarbeiten jährlich mehr als eine Tonne dieses Gifts in die Umwelt.

Zudem zeigen diese Brandschutzmittel, die ja einen Brand verhindern sollen, paradoxerweise unter der thermischen Belastung eines Brandereignisses ein negatives Verhalten. Unter ungünstigen Bedingungen können diese Stoffe im Brandfall krebserregende Dioxine bilden.


In der Landwirtschaft verboten, in der Stadt erlaubt: Wenn die Fachwelt über Umweltgefahren diskutiert, die von geschäumten Dämmstoffen ausgehen, wird auch die Problematik von Fungiziden und Algiziden angesprochen. Diese giftigen Chemikalienzusätze müssen in hohen Konzentrationen em Abdeckmörtel beigemengt werden, damit es nicht zur Schimmelpilzbildung oder zum Algenbewuchs kommt.

Durch die materialtypischen Eigenschaften der Dämmstoffplatten kann die WDVS-Fassade Wärme zwar dämmen aber nicht speichern. Fassaden in massiver Bauweise geben die am Tag gespeicherte Wärme nur langsam ab, das Abkühlverhalten von Dämmstoffplatten verläuft dagegen praktisch parallel zur Außentemperatur.

Kommt es in den Nachtstunden zu einem Temperaturabfall und kühlt sich die Außenluft bis unter den Taupunkt ab, lagert sich die Luftfeuchtigkeit auf kalten Oberflächen (z.B. auf Fassaden) als Kondensniederschlag ab. Das sind ideale Bedingungen für die Bildung von Schimmelpilz und Algenbewuchs.

Ein häufig verwendeter Algizid-Zusatz für Abdeckmörtel ist die giftige Chemikalie Terbutryn. Dieser Stoff kann Krebs erzeugen und ist giftig für Wasserorganismen. Früher wurde diese Chemikalie auch als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt, heute sind diese Wirkstoffe für diese Anwendung Europaweit längst verboten. Nicht so für die Anwendung in Abdeckmörtel (und übrigens auch in Anstrichfarben). Konzentration und Dosierung der Giftbeimengungen werden gezielt hoch eingestellt, damit es zumindest während der Gewährleistungsfrist nicht zum Schimmelpilzbefall oder Algenbewuchs kommt.

Langzeiterfahrungen zeigen allerdings, dass die Fassadenoberflächen nach Jahren trotz Chemikalieneinsatz häufig unschöne Verfärbungen und Ausblühungen aufweisen. Die Ursache hierfür liegt darin, dass die giftigen Chemikalienzusätze wasserlöslich sind und daher witterungsbedingt ausgewaschen werden. Insofern gelangen die eingesetzten Giftstoffe unweigerlich in den Wasserkreislauf, wo sie im Grundwasser und in Oberflächengewässern in bedenklichen Konzentrationen nachgewiesen wurden und dadurch Gewässer vergiften und Umweltschäden hervorrufen können. Eine Studie aus Berlin belegt, dass in der Havel, während sie das Stadtgebiet durchfließt, die giftige Fracht an Terbutryn um den Faktor 130-fach zunimmt. Eine eindeutige Indikation auf die Ursache.


Aus den Augen aus dem Sinn: Wenn eine Fassadendämmung nach Jahren erneuert werden muss (Fachleute gehen von 30-40 Jahren Lebensdauer aus), stellt sich die Frage, wie die Dämmstoffmaterialien entsorgt werden sollen. Die Mengenprognosen zeichnen ein erschreckendes Bild. Bei allein in Deutschland jährlich ca. 40 Millionen Quadratmeter neu verbauter WDVS-Fassade gehen valide Quellen von ca. 10.000 Tonnen zu entsorgenden Dämmmaterialabfall (pro Jahr) aus. Insofern stehen wir heute vor einem ungelösten Entsorgungsproblem.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie die gesetzlichen Anforderungen (70% des Bauabfalls sind zu recyceln) überhaupt erfüllt werden können. Technologisch ist es nur mit hohem Aufwand (zumeist durch manuelles Abtragen) möglich, das aufgeklebte Dammstoffmaterial vom Baustoff zu trennen, um Letzteren wiederverwerten zu können. Auch zur Frage, wie der separierte, mit giftigen Stoffen kontaminierte Dämmstoffabfall zu behandeln ist, streiten sich die Experten. Fakt ist, dass dieses Material gegenwärtig nicht als Sondermüll klassifiziert ist und somit unbehelligt in kommunalen Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden darf.


Langzeitgedächtnis mit Lücken: Insofern wiederholen sich die Ereignisse. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass in der Begeisterung über die technischen Eigenschaften von Baustoffen deren Nachteile für Mensch und Umwelt übersehen wurden. Asbest, dessen Verwendung bereits 1979 verboten wurde, verursacht noch heute (nach über 30 Jahren) hohe Sanierungskosten und ist als ursächlicher Auslöser für zahlreiche Krankheitsbilder und nicht zuletzt für zahlreiche Todesfälle verantwortlich.

Aber selbst Wissen und Erfahrungen, die sich über Generation kulturell verankern haben, geraten manchmal in Vergessenheit. In den vergangenen Jahrhunderten kam es häufig zu verheerenden Brandereignissen mit der Vernichtung ganzer Städte. Ursache für die unaufhaltsame Brandausbreitung war häufig die damals typische Verwendung von Holz als Baustoff von Gebäuden.

Die Erkenntnis, dass die Verwendung von nicht-brennbaren Baustoffen eine wirksame Maßnahme darstellt, um Flächenbrände in Städten zu vermeiden, hat mehrere Generationen gebraucht, um sich schließlich als Baustandard durchzusetzen. Da heute in den eng bebauten Städten die Fassaden ganzer Straßenzüge inzwischen praktisch durchgehend aus brennbaren Dämmstoffen bestehen, befürchten Brandschutzexperten, dass sich die Szenarien aus dem Mittelalter wiederholen könnten.


Was tun? Klimaschutz verstärkt fördern: Im Zusammenhang mit den hoch gesteckten Zielen im Bereich Klimaschutz wäre es sicherlich falsch, die Anstrengungen im Bereich Wärmedämmung von Gebäuden zu verringern. Im Gegenteil, wirksame Maßnahmen zur Reduzierung des Wärmeverlustes aus Gebäuden müssen anerkannt und gefördert werden. Allerdings ist bei der Wahl der Maßnahmen eine durch Sachverstand und Objektivität geprägte Abwägung von Vor- und Nachteilen gefragt, die auch kritische Langzeitbetrachtungen und negative Sekundäreinflüsse berücksichtigt. Zunehmend werden Expertenstimmen laut, die den Einsatz von geschäumten Kunststoffen im Bereich Wärmedämmung als Irrweg bezeichnen.

In Ergänzung zur Expertenmeinung ist zudem auch die Rolle der Sachversicherer nicht zu unterschätzen. Technische Entwicklungen, die sich negativ auf Risikoprofile auswirken und damit langfristig Schadenquoten abwerten, werden als sog. Gefahrerhöhung eingestuft. Für die Feuerversicherung sind Prämienerhöhungen und Risikozuschläge häufig unausweichlich. Im Gegensatz dazu werden von Feuerversicherern wirksame Risikominderungen durch geeignete Brandschutzmaßnahmen im Regelfall positiv bewertet und auch mit Prämiennachlässen belohnt. In diesem Zusammenhang bieten viele Feuerversicherer bei der ausschließlichen Verwendung von nichtbrennbaren Baustoffen (und somit auch nicht-brennbaren Dämmstoffen) deutlich attraktivere Prämienmodelle an, als dies bei Verwendung von WDVS auf Kunststoffbasis der Fall ist.


Bauordnungsrechtliche Anforderungen an WDVS: Gemäß der Muster-Bauordnung (MBO, §28 Außenwände), müssen Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar und nicht brennend abtropfend oder abfallend sein. Ausnahmen gelten für Gebäude der Gebäudeklassen 1-3 bzw. für Gebäude geringer Höhe.

Bei Sonderbauten, etwa bei Industriebauten oder Hochhäusern, müssen weiterführende Brandschutzanforderungen erfüllt werden. Als Sonderbauten nach Musterbauordnung (MBO Stand 2002) gelten des Weiteren auch Hochhäuser, größere Verkaufsstätten, größere Versammlungsstätten, Krankenhäuser, Schulen, usw.


Mehrstufiger Ansatz zur Schadenverhütung: Wertvolle Hinweise zu baulichen Anforderungen finden sich bei VdS Schadenverhütung (VdS-3461: Wärmedämmverbundsysteme) und beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt). Darüber hinaus lässt sich als Antwort auf die Fragen, wie wirksame Wärmedämmung auch ohne geschäumte Kunststoffe realisiert werden kann, bzw. welche zusätzlichen Maßnahmen bei fortgesetzter Verwendung dieser erforderlich sind, ein mehrstufiger Ansatz formulieren:


1. Grundsatzforderung: Keine brennbaren Dämmstoffe: Ungeachtet der anwendungstechnischen Vorteile von Dämmmaterialien aus geschäumten Kunststoffen und auch wenn baurechtliche Anforderungen erst ab Gebäudeklasse 4 (Gebäudehöhe > 7m) die Verwendung schwerentflammbarer Dämmstoffe verlangen, ist im Sinne eines nachhaltigen Personen-, Umweltund Sachwertschutzes die Verwendung von nicht-brennbaren Dämmstoffen (z.B. Mineralwolle- Dämmmatten, Perlit-gefüllte Ziegel, etc.) vorzuziehen.


2. Strenge bauliche Anforderungen an die Verwendung von brennbaren Dämmstoffen: Sofern an der Verwendung von geschäumten Dämmstoffen festgehalten wird, ist der Einbau von nicht-brennbaren Brandschutzbarrieren in der Fassade erforderlich. Dabei ist der Sturzschutz über jeder einzelnen Gebäudeöffnung (Fenster, Türen) oder geschossweise alle zwei Geschosse ein umlaufender Brandriegel notwendig. Bei WDVS mit Dämmstoffdicken über 300 mm muss bis zur Höhe der Decke über dem 2. Geschoss (mindestens 6 Meter) die Außenwandbekleidung nicht-brennbar ausgeführt sein.


3. Erweiterte Anforderungen aus Sicht von Brandschutzexperten: Im Fassadenbereich ist besonderes Augenmerk auf die Vermeidung direkter Zündquellen (z.B. Rauchen, Heißarbeiten, etc.) zu legen, bzw. ausreichender räumlicher Abstand zu potenziellen Zündquellen (Aufstellungsort von Mülltonnen, Abstellplätze für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, etc.) einzuhalten. Beim Neubau von Gebäuden bzw. bei der Durchführung von nachträglichen Sanierungsmaßnahmen ist bereits in der Planungsphase insbesondere die Brandschutzproblematik von geschäumten Dämmmaterialien zu berücksichtigen (enger Dialog zwischen Planern, Bauherrn und Betreibern). Ungeachtet baurechtlich abgestufter Anforderungen (Dicke der Dämmstoffschicht, Gebäudehöhe, Geschossanzahl, etc.) ist bei Verwendung von geschäumten Dämmstoffen aus brandschutztechnischer Sicht ein erweitertes Schutzkonzept zu empfehlen:

  • Generell vollflächige nicht-brennbare Ausführung der Außenwandbekleidung bis zur Höhe der Decke über dem 2. Geschoss
  • Generell umlaufende Brandschutzriegeln in jedem Stockwerk
  • Generell Kombination von Brandriegeln UND Sturzschutz (Ausführung mit seitlicher Einfassung) Schlussbemerkung: Klimaschutz zielt vordergründig darauf ab, den Verbrauch von endlichen Rohstoffressourcen einzuschränken. Dabei geht es stets um den Basisrohstoff Erdöl. Dass die für geschäumte Dämmstoffe eingesetzten Kunststoffe aus Erdöl hergestellt werden, ist allgemein bekannt. Insofern ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit erlaubt, wenn man Erdölprodukte verwendet, um Erdöl einzusparen.



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