Rauchgasvergiftung

Aus Brand-Feuer.de
Zur Navigation springenZur Suche springen
So viel Korrosion hat ein Schornsteinfeger selten an einem Ofenrohr gesehen.
Hier besteht die Gefahr einer Rauchgasvergiftung.
Foto: Rainer Schwarz
Eine Fluchthaube auch Brandfluchthaube. Eine Fluchthaube darf nur zu Fluchtzwecken und nicht während der Arbeit verwendet werden.
Foto: Rainer Schwarz

Die Rauchgasvergiftung, auch Rauchgasintoxikation kurz Rauchgasintox, ist eine Vergiftung durch Inhalation der im Brandrauch enthaltenen gesundheitsschädigenden Gase. Schlecht ziehende Öfen, defekte Boiler / Gastherme sowie Auspuffabgase in einer Garage oder anderen geschlossenen Räumen können ebenfalls zu einer Rauchgasvergiftung führen.


Ursachen

Bei Gebäudebränden ist die Todesursache mehrheitlich nicht die unmittelbare Flammeneinwirkung, sondern eine Rauchgasvergiftung durch die dabei entstehenden Gase.

Woraus sich Rauchgas zusammensetzt, hängt vor allem von den brennenden Stoffen und der Hitze, bei denen sie verbrennen, ab. Alle Bestandteile von Rauchgas können der Gesundheit des Menschen massiv schaden.

  • Reizgase, wie z. B. Chlorwasserstoff oder Schwefeldioxid, wirkend ätzend auf Schleimhäuten, Augen, Atemwegen etc. Hier werden noch die Untergruppen Sofort- und Latenz-Reizgase unterschieden. Sofortreizgase sind hydrophil, Reizgase vom Latenztyp lipophil.
  • Giftgase sind vor allem Kohlenstoffdioxid (CO2), das die Abgabe von Kohlenstoffdioxid aus dem Körper verhindert, sowie Kohlenstoffmonoxid (CO) und Cyanid (Cyanwasserstoff|Blausäure, HCN), die die Sauerstoffutilisation oder -bindung verhindern.
  • Rußpartikel und Dioxine können thermische Schäden bewirken, als Transportvehikel für Bestandteile aus dem Spektrum der Reizgase dienen und diese nur verzögert abgeben, was lang anhaltende Irritationen verursacht und Mechanik|mechanische Verlegungen erzeugen.

In welchem Verhältnis die Gase entstehen, ist kaum vorhersehbar.

Besonders gefährlich sind Kohlenstoffdioxid, Kohlenstoffmonoxid und Blausäure. Im Körper durch den Stoffwechsel entstehendes Kohlenstoffdioxid wird normalerweise über die große Oberfläche Lungenbläschen an die Umgebungsluft abgegeben. Wenn die eingeatmete Luft Kohlendioxid in erhöhter Konzentration enthält, dann ist dieser Abtransport weniger effektiv, oder läuft sogar in entgegengesetzter Richtung ab.
Dann nimmt der Körper über die Lunge Kohlendioxid auf. Auf diese Weise führt eine Konzentration des Gases von über 10 % innerhalb weniger als einer Minute zum Tod. Bei CO ist zu beachten, dass aufgrund der hohen Diffusionsfähigkeit in Mehrfamilienhäusern oftmals auch in benachbarte Wohnungen (oder Keller, siehe dort) eindringt und die dortigen Bewohner gefährdet, ohne dass in diesen sonst etwas auf den Brand in der benachbarten Wohnung schließen lässt.

Kohlenstoffmonoxid bindet mit 250- bis 300-facher Affinität (Biochemie) an Hämoglobin und bewirkt so, dass das sogenannte Carboxyhämoglobin (COHb) nicht mehr für den Sauerstofftransport zur Verfügung steht. Siehe auch Kohlenstoffmonoxidvergiftung. Kohlenstoffmonoxid wird nur langsam vom Körper aufgenommen. Cyanid hingegen wird sehr rasch über den Respirationstrakt resorbiert, verteilt sich schnell im Körper und kann in hohen Umgebungskonzentrationen binnen Minuten zum Tod führen. Es blockiert einen Teil der Atmungskette in den Zellen des Körpers und verhindert so die Gewinnung von Adenosintriphosphat (ATP) als Energieträger aus dem Citratzyklus. Subletale Dosen von Einzelgiften können zusammen zu einer letalen Gesamtdosis führen.

Zwei Drittel aller tödlichen Rauchgasunfälle geschehen nachts.


Anzeichen

Anzeichen für eine Rauchgasvergiftung sind:

  • Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstseinstrübung
  • Erbrechen
  • Mattigkeit
  • blaue Haut und Schleimhäute (Vorsicht: bei Kohlenstoffmonoxidvergiftung oft hellrote Hautfarbe!)
  • Bewusstlosigkeit, Krämpfe
  • Kreislauf- und Atemlähmung


Behandlung

Schwere Rauchgasintoxikationen entstehen insbesondere in geschlossenen Räumen. Ist bei leichten Verqualmungen nicht unverzüglich ein vollständiger Luftaustausch durch Öffnen von Fenstern und Türen möglich, oder liegt eine schwere Verqualmung vor, darf die Unglücksstelle nur von ausgebildeten Personen unter Atemschutz (z. B. Einsatzkräfte der Feuerwehr) betreten werden.
Bei bewusstlosen Personen ohne Lebenszeichen ist mit den Basismaßnahmen der Reanimation zu beginnen. Hier ist bei dem Geruch von Bittermandeln jedoch auf eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung zu verzichten, da sich der Helfer in lebensbedrohliche Gefahr einer übertragenen Cyanidvergiftung bringen kann.

Besonders bei Patienten, die an der frischen Luft weiterhin Beschwerden haben, ist die Applikation von Sauerstoff indiziert. Bei bewusstlosen Patienten sollte vom Notarzt neben den Basismaßnahmen Hydroxycobalamin als Cyanidantidot gegeben werden. Eine endotracheale Intubation und eine anschließende, kontrollierte Beatmung mit 100 Prozent Sauerstoff (FiO2 1,0) ist anzustreben. Krampfanfälle können mit Benzodiazepinen wie Midazolam therapiert werden. Bewusstlose Patienten, die nicht Asystolie|asystol aufgefunden werden, scheinen von einer Hyperbare Oxygenierung (HBO; auch hyperbare Sauerstofftherapie) in einer Dekompressionskammer|Druckkammer innerhalb von sechs Stunden zu profitieren.

Obwohl der Einsatz von Hydroxycobalamin noch umstritten und nicht sicher in Studien belegt ist, sprechen sowohl die durchgeführten Tierversuche als auch – bei fehlenden Nebenwirkungen – das Nutzen-Risiko-Verhältnis für einen Einsatz des Antidots, insbesondere da andere Cyanidantidote wie 4-Dimethylaminophenol|4-DMAP kontraindiziert sind oder zu langsam wirken, wie Natriumthiosulfat, das als Schwefeldonator den natürlichen Cyanidabbau unterstützt.

Die frühzeitige Gabe von cortisonhaltigen Dosieraerosolen mit entzündungshemmender, Ödem|antiödematöser und Lunge|alveolarmembranstabilisierender Wirkung zur Verhinderung eines toxischen Lungenödems wird aufgrund fehlender Datenlage nicht mehr empfohlen. Zur Therapie einer Bronchospasmus|Bronchospastik werden Beta-2-Sympathomimetika|β2-Sympathomimetika eingesetzt.


siehe auch:








zurück zur Sach- und Fachkunde


oder zur Hauptseite




Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Rauchgasvergiftung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Bilder können unter abweichenden Lizenzen stehen. Der Urheber und die jeweilige Lizenz werden nach einem Klick auf ein Bild angezeigt.