Schwefeldioxid

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Erdölbrand in Lybien am 16.6.2018 führt zu riesiger Emission / Luftverschmutzung
Foto: Pierre Markuse


Schwefeldioxid,

ist ein farbloses, schleimhautreizendes, stechend riechendes und sauer schmeckendes, giftiges Gas. Es ist sehr gut (physikalisch) wasserlöslich und bildet mit Wasser in sehr geringem Maße Schweflige Säure.
Es entsteht unter anderem bei der Verbrennung von schwefelhaltigen fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdölprodukten, die bis zu 4 Prozent Schwefel enthalten.
Dadurch trägt es in erheblichem Maß zur Luftverschmutzung bei. Es ist der Grund für Saurer Regen, wobei das Schwefeldioxid zunächst von Sauerstoff zu Schwefeltrioxid oxidiert wird und dann mit Wasser zu Schwefelsäure umgesetzt wird. Um den Eintrag von Schwefeldioxid zu verhindern, gibt es verschiedene Verfahren zur Rauchgasentschwefelung. Zudem findet sich Schwefeldioxid im Umfeld von Hochtemperaturgebieten und aktiven Vulkanen.


Herstellung

Schwefeldioxid kann durch verschiedene Verfahren hergestellt werden:

  • durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelwasserstoff
  • durch das Rösten von sulfidischen Erzen, z. B. von Pyrit:


Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Schwefeldioxid hat eine relative Gasdichte von 2,26 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei gleicher Temperatur und gleichem Druck) und eine Dichte der flüssigen Phase am Siedepunkt von 1,458 kg/l. Die Gasdichte unter Normalbedingungen (0 °C, 1013 mbar) beträgt 2,9285 kg·m−3, bei einer Temperatur von 15 °C und einem Druck von 1 bar hingegen 2,728 kg·m−3. Die kritische Temperatur liegt bei 157,5 °C, der kritische Druck bei 78,8 bar und die kritische Dichte erhält den Wert 0,525 g·cm−3. Am Tripelpunkt liegt eine Temperatur von −75,5 °C und ein Druck von 16,7 mbar (12,56 Torr) vor.


Chemische Eigenschaften

Schwefeldioxid ist ein farbloses, stechend riechendes und korrodierendes Gas. Es löst sich gut in Wasser, wobei eine schwach saure Lösung entsteht. Des Weiteren wirkt Schwefeldioxid als Reduktionsmittel.

Das Schwefeldioxid-Molekül kann durch zwei mesomere Grenzstrukturen beschrieben werden:

Hierbei werden die beiden σ-Bindungen (zwei S–O-Bindungen) und das freie Elektronenpaar am S-Atom von dem s- und den zwei p-Orbitalen des S-Atoms gebildet. Die π-Bindung ist über das gesamte Molekül delokalisiert (Mehrzentren-π-Bindung).


Molekülgeometrie

Gemäß dem VSEPR-Modell ist das Schwefeldioxid-Molekül gewinkelt gebaut. Daraus resultiert ein Bindungswinkel (O–S–O) von 119,5°. Die beiden S–O-Bindungen sind mit einer Bindungslänge von 143 pm gleich lang und damit sehr kurz.

Schwefeldioxid besitzt als Molekülsymmetrie die Punktgruppe C.


Verwendung

Flüssiges Schwefeldioxid löst zahlreiche Stoffe und hat sich daher als wertvolles aprotisch-polares Lösungsmittel etabliert.

In der Lebensmittelindustrie findet Schwefeldioxid als Konservierungs-, Antioxidations- und Desinfektionsmittel Verwendung, vor allem für Trockenfrüchte, Kartoffelgerichte, Fruchtsäfte, Marmelade und Wein. Wein- und Bierfässer werden zur Desinfizierung vor der Verwendung durch Behandlung mit SO -Gas ausgeschwefelt.

Schwefeldioxid zerstört das Vitamin B1; ebenso finden sich in Laborversuchen Hinweise auf eine Zerstörung von B12-Vitaminen.
In der EU ist es als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 220 auch für „Bio“-Produkte zugelassen. Es dient auch zur Herstellung von Sulfurylchlorid SO und Thionylchlorid SOC. In der Sulfochlorierung dient es zur Herstellung von Tensiden.

Ferner ist Schwefeldioxid ein wichtiges Edukt zur Herstellung von Schwefeltrioxid, um anschließend konzentrierte Schwefelsäure z. B. mit dem Kontaktverfahren herzustellen.

Schwefeldioxid dient auch zur Herstellung von vielen Chemikalien, Medikamenten und Farbstoffen und zum Bleichen von Papier und Textilien. Es lässt Tinte verblassen.

Außerdem wird es als Schutzgas<ref>Matthias Bünck: Gießeigenschaften. In: Andreas Bührig-Polaczek, Walter Michaeli, Günter Spur (Hrsg.): Handbuch Spanen. Hanser, München 2014, S. 36.</ref> verwendet, etwa um flüssige Metallschmelzen in der Gießerei an der Oxidation zu hindern.


Aufbewahrung

Schwefeldioxid wird in der Industrie meist aus Druckgasflaschen bezogen und wird häufig zur Temperierung in der Produktionsumgebung, also in Innenräumen aufbewahrt, oft auch direkt neben Thermoprozessanlagen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist für die Aufbewahrung von Schwefeldioxid gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz und § 6 GefStoffV zu ermitteln, ob sich durch die Lagerung von Gefahrstoffen Gefährdungen für die Beschäftigten oder andere Personen ergeben können. 

Für die Aufbewahrung von Schwefeldioxid gelten (in Deutschland) insbesondere folgende Vorschriften:

  • TRGS 510   Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern
  • TRBS 3145 / TRGS 745   Ortsbewegliche Druckgasbehälter – Füllen, Bereitstellen, innerbetriebliche Beförderung, Entleeren
  • TRBS 3146 / TRGS 726   Ortsfeste Druckanlagen für Gase

Zum Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und um den Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes zu entsprechen, sind Schwefeldioxid -Flaschen daher in einer geeigneten Aufbewahrungseinrichtung aufzubewahren. Geeignet dafür ist der entsprechend ausgestattete Sicherheitsgasflaschenschrank, dessen besondere Ausstattung für die Schwefeldioxid-Aufbewahrung aus folgenden wesentlichen Komponenten besteht:

  • Der Sicherheitsschrank an sich, für eine oder mehrere Schwefeldioxid-Flasche(n) und eine Stickstoffgas-Flasche. Dabei sind oft zwei Flaschen Schwefeldioxid für den Betrieb und die automatische Umschaltung vorgesehen. Eine Flasche steht im Schrank zum Vortemperieren, aus der zweiten Flasche wird das Gas zur Verwendung entnommen. Die Stickstoffgas-Flasche dient der Versorgung der Spüleinrichtung für den sicheren Flaschenwechsel. Der Sicherheitsschrank wird als feuerhemmender Schrank ausgeführt, da das unter Druck stehende Gas bei Erwärmung explodieren kann und dann schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden verursacht. Der Schrank sollte abschließbar sein, da das Sicherheitsdatenblatt für Schwefeldioxid „P405 - Unter Verschluss aufbewahren“ vorgibt.
  • Schwefeldioxid -Druckregelstation aus Edelstahl mit automatischer Umschaltung, zur unterbrechungsfreien Medienversorgung. Die Schwefeldioxid -Gasflaschen werden mit Edelstahlwellschlauch angeschlossen. Die verwendeten Armaturen müssen aus Edelstahl sein, da Schwefeldioxid mit Luftfeuchtigkeit zu Schwefelsäure (H2SO4) umgesetzt wird.
  • Ein automatisches Absperrmagnetventil ermöglicht die Absperrung der Schwefeldioxid -Prozessleitung zur Verwendungsstelle bei Not-Aus-Betätigung oder bei Gas-Alarm.
  • Der Gaswarnsensor im Sicherheitsschrank, ggfs. mit zusätzlichen weiteren Gaswarnsensoren in der Nähe der Verwendungsstellen, erzeugt den Gas-Alarm mit optischem und akustischem Signal.
  • Fremdbelüftung mit Ventilator zur manuellen Betätigung durch den Benutzer und automatischen Auslösung bei Ansprache der Gaswarneinrichtung. Meist ist der Lüftungsauslass an ein Lüftungssystem angebunden, damit die Gase nicht in die Produktionsumgebung entweichen.

Mit dieser speziellen Ausstattung des Schwefeldioxid-Schranks werden Beschäftigte sicher vor der Gefahr zu hoher Schwefeldioxid-Konzentration in Atemluft sowie vor Verätzungen bei Unfällen geschützt.<ref name=":0" />


Einsatz in Konzentrationslagern

Bei Experimenten mit Giftgasen, die im kroatischen KZ Stara Gradiška durchgeführt wurden, wurde neben Zyklon B auch Schwefeldioxid an serbischen, jüdischen und Roma-Frauen sowie Kindern eingesetzt.


Umweltverschmutzung

Schwefeldioxid schädigt in hohen Konzentrationen Mensch, Tiere und Pflanzen. Die Oxidationsprodukte führen zu „saurem Regen“, der empfindliche Ökosysteme wie Wald und Seen gefährdet sowie Gebäude und Materialien angreift. Dazu zählt auch die Schwächung von Forstpflanzen, die nach außerordentlichen Wintern stärkere Frostschäden erleiden als vergleichbare Pflanzen in weniger belasteten Gebieten.<ref>Theodor Keller: Frostschäden als Folge einer latenten Immissionsschädigung. In: Staub – Reinhalt. Luft. 38, Nr. 1, 1978, Vorlage:ISSN, S. 24–26.</ref> Die SO2-Emissionen der entwickelten Industriestaaten konnten jedoch in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Nutzung schwefelarmer bzw. schwefelfreier Brenn- und Kraftstoffe und mittels Rauchgasentschwefelung stark reduziert werden.

Von allen Verkehrsträgern leistet der internationale Schifffahrtsverkehr den höchsten Emissionsbeitrag. Dort liegt der von der IMO festgelegte maximal zulässige Schwefelgehalt im Brennstoff für Schiffe seit dem 1. Januar 2020 bei 0,5 Prozent. Dabei kann der Grenzwert jedoch auch durch den Einsatz von Scrubbern zur Abgasnachbehandlung eingehalten werden.
Diese Grenze gilt auch für kalifornische Küstengewässer. In der Ost- und Nordsee gibt es Schwefelemissions-Überwachungsgebiete (engl. SECA), in denen der Grenzwert seit dem 1. Januar 2015 0,1 Prozent beträgt. Außerhalb dieser Gebiete muss ein Grenzwert von 0,5 Prozent eingehalten werden, wobei auch hier der Einsatz von Scrubbern zulässig ist, um die Emissionen entsprechend zu verringern.

2019 wurde eine Studie von Transport and Environment veröffentlicht, welche zeigt, dass allein die Kreuzfahrtschiffe von Carnival im Jahr 2017 fast so viele Schwefeloxide entlang Europas Küsten ausgestoßen haben wie alle Personenkraftwagen (über 260 Millionen) in Europa zusammen. Das Max-Planck-Institut für Meteorologie konnte im Rahmen einer Studie zeigen, dass in der Umgebung der stark frequentierten Seehäfen Rotterdam, Antwerpen und Milford Haven eine erheblich dichtere Wolkendecke herrscht als im Umland. Schwefeldioxid und Stickoxide wirken als Kondensationskeime und regen die Wolkenbildung an. Die durch diese Wolkendecke verstärkte Albedo führte zu einer Verringerung der Sonneneinstrahlung in den darunterliegenden Gebieten.

Auch global kann Schwefeldioxid durch Erhöhung des Aerosolgehalts zur Trübung der Atmosphäre beitragen, etwa nach starken Vulkanausbrüchen.


Sicherheitshinweise

Eine Schwefeldioxidkonzentration, die über dem MAK-Wert liegt, kann beim Menschen zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Benommenheit führen. In höheren Konzentrationen schädigt das Gas stark die Bronchien und Lungen.

Eine Exposition gegenüber hohen Schwefeldioxidkonzentrationen über einen längeren Zeitraum kann durch die Zerstörung des für die Blutbildung wichtigen B12-Vitamins zu Anämie führen.

2021 hat die Weltgesundheitsorganisation ihre Luftgüte-Richtlinie nach unten hin angepasst. Die neue Empfehlung bei Schwefeldioxid liegt bei 40 µg/m3 im 24-Stunden-Mittel.



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