Brandfolgeprodukte

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Die Schadenstatistiken melden in Deutschland ca. 200.000 Brände pro Jahr (alle 2-3 Minuten ein Brandereignis).

Durch Brandereignisse entstehen allein im Privatbereich Schäden von jährlich über eine Milliarde Euro (mehr als 20 Mio. Euro pro Woche).

Pro Jahr verlieren mehr als 300 Menschen bei Bränden ihr Leben (fast 1 Brandtoter pro Tag), wobei über 6.000 Brandverletzte ihr Leben lang mit Langzeitschäden zu kämpfen haben.


Aus dem Inhalt:

  • Brände und ihre Folgeprodukte
  • Schadstoffe im Brandrauch
  • Besondere Gefahren bei Kunststoffbränden
  • Sonstige Brandgefahren
  • Fachgerechte Entsorgung nach einem Schadenereignis


1. Brände und ihre Folgeprodukte

Von den mehr als jährlich 300 Brandopfern, kommen die Wenigsten in den Flammen um, selten sind es Verbrennungen, denen die Opfer erliegen. Vier von fünf Menschen sterben bei Brandereignissen an der Einwirkung von Brand[[rauch].

Ursache für die Gefährdung mit möglicher Todesfolge sind in den meisten Fällen die schnelle Ausbreitung von Brandrauch, bzw. die darin enthaltenen Brandfolgeprodukte. Für den Menschen stellt daher die Rauchentwicklung die größte Gefahr im Brandfall dar. Dies begründet sich vor allem durch den hohen Kunststoffanteil von Gebäudebestandteilen (Baustoffe, Dämmstoffe, Bodenbeläge, etc.) und Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen (Möbel, Vorhänge, Elektrogeräte, etc.) sowie insbesondere durch die im Brandfall daraus freigesetzten Brandgase. Durch deren toxische (giftige), umweltgefährdenden und korrosiv wirkenden Eigenschaften, haben Brandfolgeprodukte weitreichende Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, auf Gebäude, Anlagen und Inventar sowie auf Luft, Boden und Gewässer.

Bei Brandfolgeprodukten hat man neben der Gefahr für Menschen und Umwelt zudem auch die vom Brandrauch ausgehende Sachbeschädigung zu berücksichtigen. Bei einem Brand werden neben dem giftigen Brandrauch auch korrosiv wirkende Stoffe gebildet. Die daraus entstehende Kontamination von Maschinen und Gebäuden kann Sanierungskosten nach sich ziehen, die durchaus den finanziellen Schaden der primären Brandschäden übersteigen.

Die räumliche Ausdehnung von Schäden durch Brandrauch wird häufig durch äußere (nicht kontrollierbare) Einflüsse bestimmt. Bei ungünstigen Windverhältnissen und entsprechender Thermik kann der entweichende Brandrauch und die sich darin befindlichen Schadstoffe in vom Brandgeschehen weit entfernte Bereiche transportiert werden. In der Folge bestehen die Gefahren durch Brandfolgeprodukte nicht nur für Ihren Betrieb und nicht nur für Ihre Mitarbeiter sondern auch umliegende Unternehmen und Personen aus der Nachbarschaft können betroffen sein.

Ein Verbrennungsvorgang ist ein komplexer, chemisch-physikalischer Prozess, der durch vielfältige Faktoren (Brandgut, Umgebungsbedingungen, etc.) beeinflusst wird. Dadurch ist bei Brandereignissen grundsätzlich immer von mehr oder weniger undefinierten Randbedingungen auszugehen und sind stets unerwartete Entwicklungen in Betracht zu ziehen. Jeder Brand ist anders.

Trotz der sich daraus abzuleitenden spezifischen Einzelfallbetrachtung haben die unterschiedlichen Brandszenarien allerdings trotzdem eine Gemeinsamkeit: Bei fast allen Bränden können sich bereits in der Entstehungsphase (Schwelbrandphase) große Mengen Brandrauch entwickeln, die innerhalb weniger Minuten große Volumen füllen (weitläufige Fabrikhallen, offene Bürokomplexe, etc.).

Grundsätzlich besitzt das Feuer primär durch seine thermische Energie in Form von Wärmestrahlung die zerstörerische Eigenschaft, brennbare Stoffe quasi zu "verzehren". Technisch gesehen entspricht dieser Vorgang einem Oxidationsvorgang, d.h. der chemischen Umsetzung des Brandgutes mit Sauerstoff. Da brennbare Stoffe vornehmlich aus organischem Material, d.h. aus kohlenstoffhaltigen Verbindungen bestehen, wird bei der Verbrennung als chemisches Oxidationsprodukt aus der Reaktion von Kohlenstoff und Sauerstoff insbesondere das Gas Kohlendioxid (CO2) gebildet.

Die bei der Verbrennung freiwerdende Energie kann allerdings zur Bildung weiterer Pyrolyse- und Crackprodukte führen, aus denen in der Flamme neue Verbindungen gebildet werden. Auf diese Weise können durch den mehr oder weniger unkontrolliert ablaufenden Verbrennungsvorgang aus ursprünglich unkritischen Ausgangsstoffen eine Vielzahl von Brandfolgeprodukten, mit z.T. toxischen, umweltgefährdenden oder korrosiv wirkenden Eigenschaften entstehen. Neben den Schäden, die das primäre Brandszenario durch Flammen und Wärmestrahlung verursacht, besitzen die Brandfolgeprodukte oft weitreichende Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, auf Gebäude, Anlagen und Inventar sowie auf Luft, Boden und Gewässer.

Im Verlauf eines Brandes kann sich aus grundsätzlich unbedenklichen Ausgangsmaterialien eine Vielzahl von toxischen, umweltgefährdenden und korrosiv wirkenden Verbindungen bilden, die ein ebenso kritisch zu bewertendes Schadenpotenzial mit sich bringen können, wie das Feuer selbst. Brandfolgeprodukte mit korrosiven und toxischen Bestanteilen werden mit dem Brandrauch in weit vom Brandgeschehen entfernte Bereiche getragen. Die Kontamination mit Brandfolgeprodukten kann Sanierungskosten nach sich ziehen, die durchaus den finanziellen Schaden der primären Brandschäden übersteigen.

Grundsätzlich hat man bei den Folgeprodukten eines Brandes sechs stoffliche Kategorien zu erwarten:

  • Brandstoffe sind das Ausgangsmaterial für den Brand und bilden die eigentliche Brandlast. Durch die thermische Beanspruchung des brennbaren Stoffes kann es im Rahmen eines stofflichen Abbaus zu Pyrolyseprodukten, Oxidationsprodukten, Monomeren und linearen Kettenbruchstücken kommen sowie im Rahmen von Folgereaktionen zu deren Kondensation zu Aromaten und zur weiteren Vernetzung von kondensierten Aromaten. Auch wenn die Ausgangsstoffe möglicherweise in ihrer Ursprungsform als unkritisch einzustufen waren, können mit diesen chemisch veränderten Reaktionsprodukten zum Teil erhebliche Gefahren für Mensch, Umwelt und Sachwerte verbunden sein.
  • Asche bildet den nichtbrennbaren Rückstand des Brandgutes und wird aufgrund der zumeist anorganischen Natur und der fehlenden chemischen Reaktivität häufig als unkritisch eingestuft. Die großen Oberflächen in den porösen Aschen besitzen allerdings stark adsorptive Eigenschaften, wodurch sich an den Aschepartikeln sehr leicht andere Stoffe anlagern können (Klebeeffekt). Da der Ursprung und die Natur der angelagerten Stoffe zumeist unspezifisch ist, können anorganische Aschepartikel durch ihre Fracht Eigenschaften annehmen, die aufgrund der Vielzahl der in Frage kommenden Begleiter nahezu unüberschaubar ist.
Aschepartikel sind zumeist leicht und können somit durch die Thermik im Feuer in weit vom eigentlichen Brandgeschehen entfernte Bereiche getragen werden. Adsorbierte Verbindungen bleiben über längere Zeiträume gebunden, weshalb Asche aufgrund von angelagerten Giftstoffen ein erhebliches Gefahrenpotenzial besitzt. Aschepartikel samt Fracht sind teilweise löslich in Wasser und besitzen somit zudem ein Wassergefährdungspotenzial.
  • Schlacke besteht aus geschmolzenen und nachträglich erstarrten nichtbrennbaren Anteilen. Die Schlacke kann Einschlüsse unverbrannter und zersetzter Produkte enthalten. Dabei können nahezu alle denkbaren Verbindungen (auch giftige Gase oder toxische Partikel) eingeschlossen und früher oder später auch wieder freigegeben werden.
  • Ruß besteht aus kohlenstoffhaltigen Partikeln und unvollständig verbrannten Materialien. Aufgrund seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften werden, ähnlich wie bereits bei der Asche beschrieben, organische Brandfolgeprodukte adsorptiv an Ruß gebunden. Dadurch können mit der Verbreitung von Rußpartikeln auch anhaftende giftige Substanzen in Bereiche getragen werden, die weit ab vom eigentlichen Brandgeschehen liegen. Flüchtige Aromaten wie Benzol, Chlorbenzole, Phenole und andere leichtflüchtige Verbindungen mit höher Toxizität sind unmittelbar nach dem Brand zunächst an den Rußoberflächen adsorbiert, werden dann aber kontinuierlich abgegeben und bleiben daher über lange Zeiträume bioverfügbar.
  • Löschmittel bestehen (abgesehen von gasförmigen oder pulverförmigen Produkten) zumeist als Hauptbestandteil aus Wasser (H2O), das naturgemäß als unbedenklich einzustufen ist. Eine Kontamination des Löschwassers durch die Zumischung von Schaummittel entsteht, wenn in stationären Löschanlagen oder beim Löschangriff der Feuerwehr Löschschaum eingesetzt werden muss. Dem Löschwasser werden üblicherweise zur Verbesserung der Löscheigenschaften verschiedene Zusatzstoffe wie Gefrierschutzmittel, Schaumstabilisatoren, Bakterizide, Filmbilder und Salze beigemengt, die zum Teil als wassergefährdend eingestuft sind. In höheren Konzentrationen oder bei Anwendung größerer Löschschaummengen besitzt das Schaummittel/Wasser- Gemisch ebenfalls umweltschädigende Eigenschaften und darf daher nicht unkontrolliert in die Kanalisation bzw. in Gewässer gelangen.
Ein zusätzliches Gefährdungspotential durch Löschwasser kann sich für Boden und Gewässer dann manifestieren, wenn im Brandfall das Löschwasser durch freiwerdende, gelagerte wassergefährdende Stoffe oder durch im Brandfall (ggf. auch aus zunächst als unbedenklich eingestuften Stoffen oder Bauteilen) gebildete toxische und wassergefährdende Stoffe verunreinigt wird. Kommt Löschwasser mit gefährlichem wasserlöslichem Lagergut oder wassergefährdenden Produktions-, Hilfs- oder Betriebsstoffen in Kontakt, kann es erhebliche Schadstoffmengen aufnehmen. Derart kontaminiertes Löschwasser kann große Folgeschäden verursachen, wenn es ins Oberflächenwasser gelangt oder im Erdreich versickert und zu einer Kontamination des Grundwassers führt.
Eine weitere Gefahr insbesondere für Sachwerte geht von Löschpulver aus. Trotz der ausgezeichneten Wirksamkeit von Löschpulvern können die darin enthaltenen Komponenten im Hinblick auf Kontamination empfindliche Güter (Elektronikprodukte, magnetische Geräte, Mess- oder Kontrollanlagen, medizinische Geräte, Lebensmittel, Medikamente, Textilien, Leder oder andere staubempfindliche Produkte, etc.) erhebliche Folgeschäden verursachen. Löschpulver kann in Verbindung mit Verbrennungsprodukten die Korrosion von metallischen Bauteilen beschleunigen und so Sensoren von Messinstrumenten stören und Detektoren blockieren.
  • Brandrauch entsteht bei fast allen Bränden bereits in der Entstehungsphase (Schwelbrandphase) und kann innerhalb weniger Minuten große Räume füllen. Innerhalb kurzer Zeit sinkt durch den entstehenden Brandrauch die Sichtweite meist so weit ab, dass betroffene Personen die Orientierung verlieren und sich nicht mehr in Sicherheit bringen können (Verrauchung von Fluchtwegen).
Aus nur 10 kg Papier werden etwa 9.000 m3 Rauchgas freigesetzt. Ein einfacher Papierkorbbrand füllt also ein Großraumbüro mit 3.000 m2 Grundfläche vollständig mit Rauch aus. Aus nur 10 kg Schaumgummi (z.B. Bettmatratze, Polstermöbel) können rechnerisch etwa 20.000 m3 Rauchgas freigesetzt werden.
Speziell bei der Verbrennung von Kunststoffen entstehen große Rauchgasmengen die immer auch eine gefährliche Fracht mitführen. Kabelisolierungen und Fußbodenisolierungen bestehen aus Polyvinylchlorid (PVC) und können im Brandfall ätzende Salzsäure freisetzen. Geschäumte Dämmstoffe bestehen zum Teil aus Polyurethan und können ätzende Blausäure sowie hochgiftige Cyanidverbindungen freisetzen. Diese Verbindungen verlassen gemeinsam mit den Rauchgasen den unmittelbaren Brandbereich, gelangen ins Freie oder kondensieren beim Abkühlen auf den Gebäude- und Inventaroberflächen. Dort verursachen sie dann Korrosionsschäden oder bilden aufgrund der Fracht (toxisch, korrosiv, etc.) eine Gefahr für Menschen, Umwelt und Sachwerte.


2. Schadstoffe im Brandrauch

Brandrauch enthält neben festen Partikeln (Ruß und Aschepartikel) und verdampften Flüssigkeiten (Löschwasser, flüssige Rohstoffe und Produkte, etc.) vornehmlich gasförmige Stoffe. Die Zusammensetzung des Brandrauches und deren Bestandteile ändert sich stark mit der Art der brennbaren Stoffe und den vorliegenden Brandbedingungen und wird insbesondere durch Sauerstoffzufuhr und Brandtemperatur beeinflusst.

Grundsätzlich unterscheidet man aufgrund der chemischen Natur von Brandfolgeprodukten zwei Gruppen:


2.1 Anorganische Brandfolgeprodukte

  • Kohlendioxid (CO2) entsteht bei einer Verbrennung von organischen (kohlenstoffhaltigen) Stoffen in Verbindung mit Luftsauerstoff. Die Gefahr liegt darin, dass Kohlendioxid den Sauerstoff der Atemluft verdrängt und dadurch erstickend wirkt. Das Gas ist schwerer als Luft und sammelt sich somit in Bodennähe, wodurch im Brandfall aufgrund des nach oben steigenden Brandrauchs die verbleibende Sicherheitszone im unteren Bereich von Räumen mit Kohlendioxidgas gefüllt und damit der Fluchtweg abgeschnitten wird.
  • Kohlenmonoxid (CO) entsteht bei Verbrennungen unter Sauerstoffmangel. Das Gas selber ist giftig, es hemmt den Sauerstofftransport im Blut. Gerade in der frühen Entstehungsphase von Bränden entwickelt sich besonders viel Kohlenmonoxid. Da Kohlenmonoxid-Gas geruchlos und geschmacklos ist, kann es vom Menschen praktisch nicht wahrgenommen werden. Feuerwehrstatistiken belegen, dass nach Ausbruch eines Brandes im Durchschnitt 4 Minuten zur Flucht bleiben, bevor sich die tödlichen Konzentrationen von Kohlenmonoxid gebildet haben. Bereits in geringen Konzentrationen, d. h. nach 3 Atemzügen führt das Einatmen zur Bewusstlosigkeit und aufgrund des toxischen Potenzials wenig später unweigerlich zum Tod.
  • Chlorwasserstoff (HCl) und deren Niederschläge (Salzsäure) können bei der Verbrennung von Stoffen entstehen, die das Element Chlor enthalten (z. B. PVC). Salzsäure wirkt bei Hautkontakt stark ätzend und reizt Augen und Schleimhäute der Atemwege. Chlorwasserstoff kann je nach relativer Luftfeuchtigkeit auf metallischen Oberflächen zur Auslösung eines fortschreitend verlaufenden Korrosionsprozesses an Gebäuden, Anlagen und Maschinenteilen führen. Die Verbrennung von nur 1 kg PVC kann rechnerisch eine Industriehalle mit einer Fläche von über 7.000 m2 mit HCl (bzw. Chloriden) derart kontaminieren, das sich bei entsprechender Luftfeuchtigkeit bereits nach wenigen Stunden sichtbare (und zum Teil irreversible) Korrosionsschäden ausgebildet haben. Zement- und kalkgebundene Baustoffe reagieren mit Salzsäure in einem Auflösungsprozess zum Calciumchlorid, wodurch irreversible Folgeschäden durch Korrosion der Bewehrungsstähle möglich sind.
  • Stickoxide (NOx) entstehen bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Produkte wie Melaminharze (Spanplatten) sowie Isocyanaten (geschäumte Isolation). Stickoxide bilden in Verbindung mit Wasser (z.B. Löschwasser) Säuren (Salpetersäure) und sind ätzend sowie giftig.
  • Schwefeloxide (SOx) entstehen bei der Verbrennung schwefelhaltiger Stoffe, wie z. B. vulkanisiertem Gummi. Schwefeloxide bilden in Verbindung mit Wasser (z.B. Löschwasser) Säuren (Schwefelsäure) und sind ätzend sowie giftig.
  • Phosgen (COCl2) kann bei ungünstigen Brandbedingungen in Gegenwart von Chlorhaltigen Stoffen entstehen (z.B. durch Abbrand von PVC). Phosgen ist bekannt geworden als Kampfstoff im 1. Weltkrieg. Dieser zerstört die Schleimhaut der Lunge, wodurch sich die Lunge mit Lympfflüssigkeit füllt. Das Opfer ertrinkt an seiner eigenen Körperflüssigkeit.


2.2 Organische Brandfolgeprodukte

  • PAK: Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen typischerweise bei der unvollständigen Verbrennung und Pyrolyse (Sauerstoffmangel) jeglichen organischen Materials. Eine Vielzahl der PAK zählen zu den krebserzeugenden Verbindungen mit Benzo(a)pyren (BaP) als Leitsubstanz. BaP ist als krebserzeugender, erbgutverändernder, die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigender und fruchtschädigender Stoff der Kategorie 2 der Gefahrstoffverordnung (TRGS 905) eingestuft.
  • Dioxin: Polyhalogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PHDD/PHDF) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung und Pyrolyse halogenhaltigen Verbindungen in Kombination mit organischen Stoffen (z.B. durch Abbrand von PVC). Dioxine sind auch bekannt als "Seveso-Gifte", als Leitsubstanz und giftigster Vertreter gilt 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin. Die toxische Wirkung dieser Verbindung ist 500 mal höher als Strychnin und Curare und 1000 mal höher als Nikotin. Durch Dioxine können Hautschädigungen (Chlorakne), Störungen des Immunsystems, des Nervensystems, des Hormonhaushalts, der Reproduktionsfunktionen und der Enzymsysteme hervorgerufen werden. Folgeschäden durch Dioxine können sich durch die Anreicherung im Körperfett in Form von Überpigmentierungen, Leberschädigungen, Störungen des Fettstoffwechsels oder Auslösung von Krebs äußern.
  • Aromaten: Aromatische Kohlenwasserstoffe treten auf in Form von Benzol, Toluol, Styrol, aromatischen Oxidationsprodukten (Phenol) und Halogenderivaten (Chlorbenzol). Die Flüchtigkeit der Verbindungen ist hoch, weshalb an Brandstellen auch nach dem Brand noch mit verdampfenden Aromaten aus Aschen oder Ruß gerechnet werden muss. Aromaten wirken in geringen Konzentrationen meist reizend, in höheren Konzentrationen narkotisch. Benzol ist ein Blut- und Nervengift. Aromaten können chronische Erkrankungen hervorrufen. Bleibende Schäden können im Knochenmark, Blut und Nervensystem entstehen. Bei Benzol konnten mutagene und karzinogene (kanzerogene) Wirkungen nachgewiesen werden.


3. Besondere Gefahren bei Kunststoffbränden

Hinsichtlich der Toxizität von Brandfolgeprodukten ergibt sich zwischen den klassischen Baustoffen und Materialien, wie z.B. Holz, Papier, Baumwolle und den Kunststoffen kein grundlegender Unterschied. Durch die unspezifischen Rahmenbedingungen bei Verbrennungsprozessen können praktisch alle brennbaren Stoffe gefährliche Brandfolgeprodukte bilden.

Gesundheitsschädliche Stoffe können sich bei höheren Temperaturen in ihre Ausgangsprodukte oder toxische Abbauprodukte zersetzen. Oxidationsprodukte organischer Verbindungen (z.B. aliphatische Aldehyde) besitzen starke Reizwirkungen und wirken bereits in geringsten Konzentrationen auf Schleimhäute. Amine und Nitrile können kanzerogene Wirkungen aufweisen. Amine sind teilweise in Wasser löslich und können somit mitsamt dem kontaminierten Löschwasser verbreitetet werden. Mit besonderen Gefahren ist zu rechnen, wenn Pflanzenschutzmittel (Isocyanate, Aromaten, Chlorverbindungen), Naturprodukte (Cyanwasserstoff aus Haaren, Federn, Wolle und Eiweiß) oder Stickstoffverbindungen (Amine und Nitrile sowie Cyanwasserstoff) von einem Brandgeschehen erfasst werden. Bei alltäglich genutzten Gebrauchsgegenständen (Möbel, Haushaltsartikel, Verpackungsmaterialien, etc.) oder Baustoffe (Isolationsmaterialien, Dämmstoffe, etc.) spielen insbesondere Kunststoffe eine zentrale Rolle bei der Bewertung des Gefährdungspotenzials von Brandfolgeprodukten.


3.1 Allgemeine Eigenschaften von Kunststoffen im Brandfall

Kunststoffe, von denen bei der alltäglichen Nutzung keinerlei Gefahren ausgehen, zeigen im Brandfall Eigenschaften, die die ohnehin negativen Auswirkungen eines Brandes erheblich verschärfen können. Die Kombination typischer Eigenschaften von Kunststoffen kann im Brandfall gegenüber anderen Stoffen zu einem wesentlich rascheren, intensiveren Brandverlauf führen.

Niedrige Entflammungs- und Entzündungstemperaturen erleichtern die Möglichkeit zur Zündung bei relativ niedrigen Temperaturen aber auch das leichtere Fortschreiten des Brandes in seiner Anfangsphase. Thermoplastische Kunststoffe und Elastomere können schon durch ein geringes Stützfeuer in Brand gesetzt werden und so zu einer raschen Brandfortleitung führen.
Hohe Verbrennungswärmen (Heizwerte) unterstützen den schnellen Brandverlauf, in dem die Wärme des Brandes die noch nicht vom Brand betroffenen Bereiche aufheizt und Zersetzungsprozesse (Pyrolyse) in Gang setzt. Im Brandfall kommt es zu einer sehr hohen Energiefreisetzung (thermische Strahlung), wodurch große Mengen an brennbaren Gasen gebildet werden, die einen Feuerübersprung (flash-over) auf alles brennbare Material bewirken können. Die Heizwerte (MJ/kg) vieler Kunststoffe liegen deutlich über denen von typischen Brennstoffen (Polyethylen 46,5 MJ/kg, Heizöl 42,8 MJ/kg).

Niedrige Erweichungstemperaturen (Schmelzen) von thermoplastischen Kunststoffen bewirken ein Fließverhalten, wodurch feste Kunststoffe im Brandfall ein Verhalten wie brennbare Flüssigkeiten zeigen. Bei der Lagerung oder im Deckenbereich angebrachten schmelzbaren Kunststoffen kann durch den nach unten fließenden bzw. abtropfenden brennenden Kunststoff eine Lache gebildet werden, die eine Unterfeuerung der betreffenden Bereiche zur Folge hat und damit zur Brandausbreitung beitragen kann. Hierdurch kommt es neben der normalen horizontalen und vertikalen Brandausbreitung von unten nach oben zu einer zusätzlichen Brandausbreitung in umgekehrter vertikaler Richtung (von oben nach unten).

Hydrophobe (wasserabweisenden) Materialeigenschaften von Kunststoffen haben zur Folge, dass sie nicht mit Löschwasser benetzbar sind. In Verbindung mit einer geringen Dichte bewirken die wasserabweisenden Materialeigenschaften, dass Kunststoffe im Brandfall brennend auf Wasser aufschwimmen und so mit dem ablaufenden Löschwasser zur schnellen Brandausbreitung beitragen können, was hohe Anforderungen an Löschkonzept und eine wirksame Löschwasserrückhaltung erfordert.

Starke Rußbildung und die Bildung korrosiver oder toxischer Gase führt insbesondere beim Brand von Kunststoffen zur starken Sichtbehinderung (Einschränkung von Fluchtmöglichkeiten) und Beschädigung von Sachwerten (Korrosion, Kontamination). Kunststoffe können (quasi in Umkehrung ihrer Herstellung) depolymerisieren oder pyrolytisch zersetzt werden, so dass neben dem brennbaren Gas Kohlenmonoxid auch andere brennbare Gase entstehen. Darüber hinaus gibt es bei Kunststoffen spezifische Zersetzungs- und Brandfolgeprodukte, deren schädliche Wirkung auf Menschen, Umwelt und Sachwerte bereits oben beschrieben wurden.

Zuschlagstoffe und Additive werden den Kunststoffe beigemengt, wenn sie als Baustoff oder als Bauteile von Gebäuden eingesetzt werden und somit spezielle Anforderungen an das Brandverhalten erfüllen müssen: gemäß DIN-4102 mindestens Baustoffklasse B2 (schwer entflammbar, Wärmeabgabe begrenzt) erreicht werden bzw. nach der neu eingeführten Europanorm mindestens Klasse B (Wärmefreisetzung und deren Freisetzungsrate begrenzt, seitliche und vertikale Flammenausbreitung begrenzt). Da die meisten Kunststoffe allerdings aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung grundsätzlich sehr leicht brennen, erreicht man die geforderten Eigenschaften nur, indem den Rezepturen bestimmte Zuschlagstoffe beigemengt werden (z.B. bromhaltige Flammschutzmittel). Unter den extremen Bedingungen eines Vollbrandszenarios zersetzen sich auch die Flammschutzmittel wodurch bei genügend großer Stützenenergie auch schwer entflammbare Kunststoffe brennen und einen erheblichen Beitrag zur Brandausbreitung leisten.

In diesem Fall entsteht Bromwasserstoff und unter besonderen Bedingungen können sich polybromierte Dibenzodioxine/-furane bilden (stark krebserregend). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei der qualitativen Beurteilung des Brandverhaltens von Kunststoffen die Einstufung "schwer entflammbar" häufig mit "nicht brennbar" missverständlich gleichgesetzt wird, was aus technischer Sicht zu einer vollkommen falschen Bewertung führt. Faktisch ist der Begriff "schwer entflammbar" immerhin mit "brennbar" zu übersetzen.


3.2 Brandeigenschaften einiger ausgesuchter Kunststoffe

  • Polyvinylchlorid (PVC): Verwendung für Rohre, Kabelisolierungen, Fußbodenbeläge, Fensterprofile. Wird Polyvinylchlorid auf Temperaturen über 150 °C und darüber hinaus aufgeheizt, werden große Mengen Chlorwasserstoff freigesetzt, die sich mit dem ebenfalls gebildeten Wasserdampf oder mit Löschwasser als Salzsäure niederschlagen bzw. kondensieren oder mit reaktionsfähigen Materialien umsetzen. Bei der Verbrennung von PVC entstehen neben Kohlendioxid (CO2), Wasser (H2O), Kohlenmonoxid (CO) und Chlorwasserstoff (HCl) auch Spuren von Phosgen (COCl2).
  • Polyurethan (PU): Verwendung für Isolationsmaterial (Sandwich-Panels), Dämmstoff, Profile, Formteile. Polyurethan depolymerisiert bei der Verbrennung unter starker Rauchentwicklung zu Isocyanaten (krebserregend). Die Entstehung von Cyanwasserstoff (Blausäure) ist unausweichlich. Bei der Verbrennung können Aromaten (z.B. Benzol) sowie polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) freigesetzt werden (stark krebserregend). Wenn am Verbrennungsprozess zusätzlich chlorhaltige Stoffe (z.B. PVC) beteiligt sind, können auch die entsprechenden polychlorierten aromatischen Verbindungen entstehen (stark krebserregend).
  • Polystyrol (PS, Handelsname Styropor): Verwendung für Haushaltsartikel, Gefäße, Verpackungsmaterial. Polystyrol brennt unter starker Rußentwicklung mit heißer Flamme, die nach Entfernen der Zündquelle selbstständig weiterbrennt.
  • Polytetrafluorethylen (PTFE; Handelsname Teflon): Verwendung für Wärmeschutzbeschichtungen (z.B. Haushaltspfanne), Funktionskleidung (z.B. wasserdichte Membran). Bei der thermischen Zersetzung von fluorhaltigen Kunststoffen, wie PTFE wird Fluorwasserstoffgas (HF) freigesetzt, welches sich sehr leicht mit Wasser zu Flusssäure verbindet (extrem ätzend, zersetzt Knochengewebe).


4. Weitere Brandgefahren

Bei Rauchgasen handelt es sich teilweise um brennbare Gase. Je nach Phase des Brandes existiert hier die Gefahr einer Rauchgasexplosion. Das explosionsartige Durchzünden der Rauchgase kann je nach Umgebungsbedingungen zu einem Backdraft oder Flashover führen.

Nachdem es bei einem Flashover oder Backdraft zum explosionsartigen Durchzünden der brennbaren Brandgase gekommen ist, muss man in der Regel von einem Totalschaden ausgehen. Der betroffene Bereich gilt üblicherweise als verloren, weshalb sich Rettungsmaßnahmen der Feuerwehr danach (neben der Personenrettung) vornehmlich auf den Schutz von Nachbargebäuden konzentrieren.

Die Voraussetzungen für beide Phänomene sind ähnlich: Eine Verbrennung läuft unter Sauerstoffmangel ab, wobei sich große Mengen brennbarer Gase bilden. Als charakteristisches Merkmal für einen Backdraft ist der entstehende Unterdruck, das (annähernde) Verlöschen des eigentlichen Brandes und die stärkere Explosion ein geeignetes Unterscheidungskriterien zu einem Flashover.

  • Flashover: In der Entstehungsphase brennen zunächst Einrichtungsgegenstände (z.B. Sofa, Tisch, Möbel) und bilden Verbrennungsgase und Pyrolyseprodukte. Kann der entstandene Rauch nicht durch Raumöffnungen abgeführt werden, kommt es zu einem Wärmestau an der Decke. Die stark erwärmte Rauchschicht strahlt nun eine immer weiter steigende Wärmestrahlung aus. Zeitgleich steigt die Temperatur im gesamten Brandraum. Die Oberflächen der noch nicht brennenden - aber brennbaren - Gegenstände erleiden eine thermische Zersetzung unter Bildung gasförmiger Pyrolyseprodukte und zünden bei einer Rauchgastemperatur von 500-600 °C schlagartig ohne Zündflamme. Die horizontale Flammenausbreitungsgeschwindigkeit im Raum (Entzünden weiteren Materials durch bereits brennende Gegenstände) beträgt dann etwa 10 m/min. Das Resultat ist ein Vollbrand des Raumes und Temperaturen von etwa 1000 °C.
  • Backdraft: Kommt es in einem geschlossenen Raum zu einem Brand, der jedoch mangels Sauerstoff bald wieder verlischt, verbleiben durch Pyrolyseprozesse brennbare Gase und Dämpfe. Durch langsame Abkühlung des Raumes verlieren diese Gase an Volumen, es entsteht ein Unterdruck. Dies führt zu dem Effekt, dass Brandrauch durch kleine Raumöffnungen (z.B. Türspalten, Lüftungsschlitze, etc.) austritt und kurze Zeit später wieder in den Brandraum zurückgesogen wird. Wird in einer solchen Phase die Zufuhr von Sauerstoff ermöglicht, z.B. durch das Öffnen einer Tür oder durch das Zerbrechen eines Fensters, so wird durch den Unterdruck frische Luft von außerhalb "angesaugt" und das Gemisch ist fortan zündfähig. Durch allgegenwärtig vorhandene Zündquellen (Glutnester, etc.) explodiert das Gemisch mit unter Umständen verheerenden Auswirkungen. Bei einem Backdraft entwickelt sich nach der Sauerstoffzufuhr eine Flammenwalze mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 m/s und einer Temperatur von 2000–2500 °C.


5. Fachgerechte Entsorgung nach einem Schadenereignis

Die vollständige und sachgerechte Entsorgung sämtlicher auftretender Schadstoffe am und um den Brandschadenort ist von großer Bedeutung. Sämtliche Schadenbeseitigungs- sowie Entsorgungsmaßnahmen müssen dabei durch ein geeignetes und fachlich qualifiziertes Entsorgungsunternehmen durchgeführt werden (grundsätzliche Zuständigkeit: Eigentümer) und sollten im zu erstellenden Sanierungs- und Entsorgungskonzept ausführlich beschrieben sein. Die genaue Handlungsweise ist in Vorschriften und Gesetzen (z.T. auf Bundeländerebene unterschiedlich) geregelt. Zu entsorgende Reststoffe eines Brandschadenereignisses sind in der Regel als Sonderabfälle einzustufen. Am besten Sie stimmen sich schon bei Erstellung des Sanierungs- und Entsorgungskonzeptes mit den zuständigen Stellen ab.

Da der Einsatz von Löschwasser bei einem Brandereignis zum Stofftransport von Brandfolgeprodukten beitragen kann, ist eine Schädigungen der Umwelt (z.B. durch kontaminiertes Löschwasser) nicht auszuschließen. Diese Gefahr entsteht vor allem dadurch, dass Reste der teilweise verbrannten (und z.T. toxischen) Stoffe über das Löschwasser in den Regen- oder Abwasserkanal ablaufen bzw. in einen unbefestigten Untergrund auf Ihrem Grundstück einsickern kann. Daher sollte vor allem bei Vorhandensein von Chemikalien, brennbaren Flüssigkeiten etc. die Errichtung von Löschwasserrückhaltungen auf Ihrem Betriebsgrundstück in Betracht gezogen werden.


6. Fazit

Die Auswirkungen von Brandrauch und den darin enthaltenen Brandfolgeprodukten werden vielfach unterschätzt. Im Brandfall stellen der Brandrauch und die darin enthaltenen Brandfolgeprodukte für Menschen die größte Gefahr dar. Bei einem Brandereignis entstehen gefährliche Brandfolgeprodukte, die durch ihre toxische (giftige), umweltgefährdenden und korrosiv wirkenden Eigenschaften, weitreichende Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, auf Gebäude, Anlagen und Inventar sowie auf Luft, Boden und Gewässer haben. Zudem sind Brandgase (Rauchgase) zumeist brennbar und unter ungünstigen Bedingungen auch explosionsgefährlich!

Neben der erheblichen Gesundheitsgefahr für Menschen und Umwelt (Luft, Boden und Gewässer) bergen Brandfolgeprodukte durch ihre korrosiv wirkenden Eigenschaften auch für Sachwerte (Gebäude, Anlagen und Inventar) ein erhebliches Schadenrisiko mit Katastrophenpotenzial.

Die vollständige und sachgerechte Entsorgung sämtlicher auftretender Schadstoffe am und um den Brandschadenort ist von großer Bedeutung. Bei einem Brand werden mit dem Brandrauch auch korrosiv und giftig wirkende Stoffe in vom Brandgeschehen weit entfernte Bereiche getragen.

Die daraus entstehende Kontamination durch Brandfolgeprodukte kann Sanierungskosten nach sich ziehen, die durchaus den finanziellen Schaden der primären Brandschäden übersteigen.


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