Notausschalter

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Notausschalter an einer Rolltreppe
Foto: Rainer Schwarz
Notausschalter an einer Maschine
Foto: Rainer Schwarz
Notausschalter an einer Seilbahn.
Foto: Rainer Schwarz

Der Notausschalter, auch Not-Aus genannt, ist ein Schalter an Maschinen, Fahrzeugen und Anlagen. Er dient dazu, diese im Gefahrenfall oder zur Abwendung einer Gefahr schnell in einen sicheren Zustand zu versetzen. Je nach Einsatzfeld werden verschiedene Strategien verfolgt, im einfachsten Fall folgt der Auslösung eine Unterbrechung der Stromzufuhr.


Aufbau

Not-Aus-Schalter besitzen bei Maschinen ein rotes Betätigungselement auf gelbem Grund. Eine häufige Bauart sind Pilztaster, daneben existieren z. B. auch Reißleinenschalter (Zugleinenschalter) und Sicherheitslichtschranken.


Funktion

Der Not-Aus-Schalter muss sich nach Betätigung verriegeln und kann, je nach zu erreichender Sicherheitsstufe, nur mit einem Schlüssel, durch Drehen des Not-Aus-Schalters oder dessen Herausziehen wieder in seine ursprüngliche Position zurückversetzt werden. Er muss so angelegt sein, dass der Maschinen- oder Anlagenbediener ihn unmittelbar im Notfall betätigen kann.

Normalerweise werden zusammen mit Not-Aus-Schaltern Not-Aus-Schaltgeräte eingesetzt, die die notwendigen Anforderungen an die Zuverlässigkeit erfüllen, so darf etwa die Maschine nach dem Entriegeln nicht wieder von selbst anlaufen. Not-Aus-Schaltungen werden je nach technischen Bedingungen in Stopp-Kategorien eingeteilt (EN ISO 13850:2008 Pkt. 4.1.4 und EN 60204-1:2006 Pkt. 9.2.2):

Stopp-Kategorien
  • Stopp-Kategorie 0: Energiezufuhr zu den Antriebselementen wird sofort getrennt (nur sinnvoll, wenn das plötzliche Abschalten der Energie keine Gefährdung verursacht)
  • Stopp-Kategorie 1: gesteuertes Stillsetzen: Maschine wird in einen sicheren Zustand versetzt, dann erst wird die Energie zu den Antriebselementen endgültig getrennt. Dies ist sinnvoll, wenn Klemmungen, Bremsen o. ä. Energie benötigen.
  • Stopp-Kategorie 2: Maschine wird in einen sicheren Zustand versetzt, die Energie aber nicht getrennt. Diese Kategorie sollte nur dann genutzt werden, wenn technisch keine Möglichkeit besteht, gefahrlos die Energie zu trennen. Zum Beispiel würde bei einem Kran mit Lasthebemagnet das Abschalten der Spannung am Magnet zum Abstürzen der Last führen (nur EN 60204-1:2006 Pkt. 9.2.2).


Sicherheitsaspekte

In Bezug auf die Gefährdungen müssen Sicherheitsbetrachtungen und mögliche Auswirkungen beim Ausfall einer Sicherheitseinrichtung wie dem Notauskreis durchgeführt werden. Zur Anwendung kommt z. B. die EN ISO 13849 oder Sicherheitsanforderungsstufen nach DIN EN 61508 bzw. der internationalen Norm IEC 61508. Hier werden Risikographen zur Quantifizierung der Gefährdungen erstellt. Daraus ergeben sich fünf Sicherheitskategorien. Je höher die Gefährdungen, umso höhere Anforderungen werden an die Ausfallsicherheit der Abschalteinrichtung gestellt.

Beispiel
Wenn z. B. aus dem Risikographen die Kategorie 3 ermittelt wird, ist eine Redundanz erforderlich, die bei einem einzelnen Fehler die Abschaltfunktion aufrechterhält und diesen Fehler erkennbar macht, zum Beispiel, indem sich die Anlage dann nicht wieder einschalten lässt. Das bedeutet, dass nicht nur alle Komponenten und Leitungsverbindungen doppelt vorhanden sein müssen, sondern auch, dass die jeweils doppelt vorhandenen Komponenten einzeln überwacht werden. Es werden durch zusätzliche Kontakte überwachte Koppelrelais und Schütze verwendet, die sich dadurch auszeichnen müssen, dass ihre Kontaktzungen zwangsgeführt sind: bleibt ein Schließer durch Kontaktverschweißung haften, bewegen sich auch alle anderen Kontaktzungen nicht mehr - ein der Überwachung dienender Öffner schließt bei stromloser Spule dann nicht und verhindert ein Wiedereinschalten (der Öffner liegt im Einschaltkreis).

Grundsätzlich wird das Ruhestromprinzip angewandt; d. h. bei Ausfall der Hilfsenergie wird der sichere Zustand erreicht. Technische Vorgaben sind in DIN EN 13850 (Nachfolgenorm von DIN EN 418) enthalten. Dabei gibt es keine harte Vorgabe für eine Beschriftung.

Bei Notaus ist gefordert, die Anlage zum Schutz gegen elektrischen Schlag spannungsfrei zu schalten. Sicherheitsnormen erwähnen den Not-Halt. Bei Not-Halt ist es nicht gefordert, dass die gesamte Maschine spannungsfrei wird. Ein Antrieb muss bei Erkennen einer gefahrbringenden Situation durch den Bediener angehalten werden können zum Schutz vor einer Gefährdung. Zum kontrollierten Abbremsen des Antriebes wird Spannung benötigt. In den meisten Fällen wird z. B. eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) oder angeschlossene PC-Technik nicht abgeschaltet. Auch Bremsen, Kühlungen, Absaugungen u. ä. Sicherheitstechnik werden meist nicht abgeschaltet, sofern von ihnen keine Gefährdungen ausgehen.

Arbeiten an einer Anlage mehrere Komponenten mit je einem Notaus-Schalter zusammen, muss jeder dieser Taster die gesamte Anlage außer Betrieb setzen. Beispielsweise muss eine Laser-Bearbeitungsmaschine sowohl vom vorgeschriebenen Notaus-Taster des Lasers als auch von demjenigen der Maschine auszuschalten sein.


DIN-VDE-Normen zum Thema Not-Aus-Einrichtungen

Folgende DIN Normen zählen zu den wichtigsten für die elektrische Sicherheit und erläutern den Begriff Not-Aus:

VDE 0113 Teil 1 2007-06 EN 60204-1|DIN EN 60204-1 Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen (IEC 60204-1: 2005, modifiziert) Deutsche Fassung EN 60204-1: 2006
VDE 0660 Teil 210 1998-09 DIN EN 60947-5-5 Niederspannungsschaltgeräte – Teil 5-5: Steuergeräte und Schaltelemente Elektrisches NOT-AUS-Gerät mit mechanischer Verrastfunktion (IEC 60947-5-5: 1997) Deutsche Fassung EN 60947-5-5: 1997

weitere Normen:

VDE 0100 Teil 460 2002-08 DIN VDE 0100-460 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4: Schutzmaßnahmen Kapitel 46: Trennen und Schalten (IEC 60364-4-46: 1981, modifiziert) Deutsche Fassung HD 384.4.46 S2: 2001



Notausschalter an einer Tankstelle
Foto: Rainer Schwarz

Diese Norm ersetzte DIN VDE 0100-460 (VDE 0100 Teil 460):1994-02. Der Begriff „Not-Ausschaltung“ einschließlich „Not-Halt“ wurde geändert in „Handlungen im Notfall“. In einem informativen Anhang ZA wird erläutert, was mit „Handlungen im Notfall“ gemeint ist.

In Europa wird ein Konzept beraten, den Gebrauch von Begriffen, die im Zusammenhang mit „Notfällen“ stehen, zu vereinheitlichen. Diese werden in dem Anhang zusammengestellt und sollen dem Anwender das Verständnis für die Begriffe erleichtern. Es handelt sich um folgende vier Begriffe: Stillsetzen im Notfall (bisher Not-Halt), Ingangsetzen im Notfall, Ausschalten im Notfall (bisher Not-Ausschaltung) und Einschalten im Notfall.

Die DIN EN 418 (Sicherheit von Maschinen, NOT-AUS-Einrichtung, funktionelle Aspekte, Gestaltungsleitsätze) ist durch die DIN EN ISO 13850 (Sicherheit von Maschinen – Not-Halt – Gestaltungsleitsätze) ersetzt worden. Man beachte die Korrektur des Begriffes Not-Aus in Not-Halt (Übersetzungsfehler des englischen Wortes emergency stop wurde korrigiert).

Nach EN ISO 13850 muss jede Maschine (Ausnahme: von Hand tragbare und handgeführte Maschinen) durch eine einzige Handlung einer beliebigen, anwesenden Person ohne lange Überlegungen stillgesetzt werden können. Dies wird durch die Not-Halt-Funktion erreicht.


Problematik der Begrifflichkeiten

Im deutschen Sprachgebrauch werden die beiden Funktionen Not-Aus (= Abschalten, Unterbrechen der Energiezufuhr) und Not-Halt (= Anhalten, Stillsetzen der beweglichen Maschinenteile) häufig unter dem Begriff „Not-Aus“ subsumiert, was zuweilen – auch unter Fachleuten – zu Verwirrungen führt. Korrekt ist die Verwendung von „Not-Aus“ als deutsche Entsprechung für den englischen Begriff emergency switching off. Es gab aber deutsche Normausgaben, die auch den englischen Begriff emergency stop fälschlich mit dem Ausdruck „Not-Aus“ wiedergaben. Dies tat insbesondere die EN418 (Sicherheit von Maschinen; Not-Aus-Einrichtung, funktionelle Aspekte; Gestaltungsleitsätze; Deutsche Fassung EN 418:1992) und teilweise auch die alte Richtlinie 2006/42/EG|EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG.

Die Nachfolgenorm ISO 13850 hat dies korrigiert und spricht von Not-Halt. In der neuen Fassung der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG, bzw. 2009/127/EG) wurde der falsch verwendete Begriff ebenfalls durch Not-Halt ersetzt.

Notausschalter bei einem Motorroller
Foto: Rainer Schwarz

Automatische und manuelle Hauptschalter bei Fahrzeugen

Bei Fahrzeugen, wie z. B. bei Rennwagen oder Nutzfahrzeugen, unterbricht der Notausschalter (Batterieschalter#Einsatz als Hauptschalter|Batterietrennschalter) je nach Anforderung die Zündung und ggf. auch die Kraftstoffzufuhr. In manchen Fällen wird das Fahrzeug komplett stromlos geschaltet (Kurzschluss- und Brandgefahr bei Unfall). Moderne PKW verfügen über eine automatische Trennung, die gleichzeitig mit dem Auslösen des Airbags aktiviert wird und den Hauptstromkreis von der Batterie trennt. Andere elektrische Systeme wie Warnblinkanlage, Autotelefon u. a. bleiben über einen separaten Stromkreis aus Sicherheitsgründen weiterhin funktionsfähig.

Bei Motorrädern ist üblicherweise am rechten Lenkradschalter ein Batterietrennschalter oder „Killschalter“ angebracht. Motorräder mit elektronischer Kraftstoffeinspritzung (ab 1. Januar 2006, Euro 3) verfügen über einen automatischen Batterietrennschalter (Lagesensor), der bei einem Neigungswinkel, der auf einen Sturz hindeutet, ausgelöst wird. Ebenso muss bei Motorrädern die Zündung unterbrochen werden, wenn der Seiten- oder Hauptständer ausgeklappt ist und gleichzeitig ein Gang eingelegt ist.


Software

In Analogie zu physischen Notausschaltern gibt es auch Notausmechanismen in Software. Diese können beispielsweise von Herstellern benutzt werden, um Software zu deaktivieren oder von Besitzern, um gestohlene Geräte zu deaktivieren.

Manche Schadsoftware beinhaltet Notausschalter, wie es etwa bei dem Cyberangriff der WannaCry-Ransomware vom Mai 2017 der Fall war.

Weiterhin gibt es eine Debatte über eine Implementierung von Notausschaltern in Robotern und fortgeschrittenen Systemen Künstliche Intelligenz|künstlicher Intelligenz.


siehe auch

  • Schutztürüberwachung
  • Redundanz (Technik)|Redundanz
  • Richtlinie 2006/42/EG (Maschinenrichtlinie)|Maschinenrichtlinie
  • Zweihandbedienung
  • Totmanneinrichtung
  • Drahtbruch


Literatur

  • Patrick Gehlen: Funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen. Umsetzung der Europäischen Maschinenrichtlinie in der Praxis. 2. Auflage. Publicis Corporate Publishing 2010, ISBN 978-3-89578-366-1
  • Alfred Hösl, Roland Ayx, Hans Werner Busch: Die vorschriftsmäßige Elektroinstallation, Wohnungsbau-Gewerbe-Industrie. 18. Auflage. Hüthig Verlag, Heidelberg 2003, ISBN 3-7785-2909-9
  • Günter Boy, Horst Flachmann, Otto Mai: Die Meisterprüfung Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik. 4. Auflage. Vogel Buchverlag, Würzburg 1983, ISBN 3-8023-0725-9


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