Reet

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Brand eines Reetdaches
Foto: Michael Arning

Reet (auch: Reeth, Reith, Ried, Riet, Rohr u.ä.) bezeichnet das an Ufern oder auf sumpfigem Gelände wachsende Schilfrohr, das vielerorts in getrocknetem Zustand zur Dachdeckung verwendet wird. Der Name Reetdach findet vorrangig an der deutschen Nordseeküste Verwendung.
In Mecklenburg-Vorpommern spricht man von Rohrdach.

Fotos: Michael Arning; Brand eines Daches aus Reet


Geschichte

Reet bzw. Schilf ist eines der ersten Bedachungsmaterialien der sesshaft gewordenen Menschen gewesen; dies ist auf seine Eigenschaften als Wasserpflanze und seine lokale Verfügbarkeit zurückzuführen. Die ersten Reetdächer waren einfache Eindach-Häuser. Im Mittelalter wurde aufgrund der Brandgefahr in dicht bebauten Gebieten das Reetdach in den Städten durch Hartdächer ersetzt. Auf dem Lande behielt das Reet jedoch bis in die heutige Zeit seine Bedeutung. Die ersten Reetdächer (Pfahlbauten am Bodensee) gab es 4000 v.Chr. Es war leicht aufgebundenes Reet, das mit Haselnussstöcken als Schachtstange und eingeweichten Weidenstöcken, später dann mit Kokosbändern auf den Dachstuhl gepresst wurde.

Fotos: Rainer Schwarz



Fotos: Rainer Schwarz




schön eingefaßter Schornstein
Foto: Rainer Schwarz
der Schrecken eines Hausbesitzers
Quelle: JC
diese Dächer brennen sehr gut
Foto:PRW
Blitzableiter auf einem Reetdach.
Foto: Rainer Schwarz

Verbreitung

In vielen Landschaften Europas, Asiens und Afrikas kennt man Reetdächer, doch vielfach werden diese besonders mit dem Nord- und Ostseeküstenraum in Verbindung gebracht, wo man zum Beispiel in Nordfriesland vollständig reetgedeckte Gebäude findet oder auch die Reeteindeckung Ostfriesland Gulfhaus. Auch das für Nordfriesland typische Uthlandfriesisches Haus ist traditionell mit einem Reetdach versehen. In einigen Orten, wie etwa Kampen (Sylt) auf Sylt gibt es Satzungen, die die ausschließliche Verwendung von Reet, also die so genannte „Weichbedachung“ vorschreiben. In den Nachbarorten Keitum und Wenningstedt gibt es Ortsteile oder Bereiche, in denen ebenfalls ausschließlich Reetdächer gebaut werden dürfen. Auf der Halbinsel Eiderstedt werden die markanten großen Bauernhäuser, die Haubarge, traditionell mit Reet gedeckt.

In den Midlands von England und in Cornwall sind Reetdächer ebenfalls weit verbreitet. Tradition sind besonders kunstvoll verbaute Firstabdeckungen.

Die Reet- oder Rohrdachdeckerei ist ein eigener Geschäftszweig, so dass es im norddeutschen Raum spezielle Reetdachdecker gibt, die ausschließlich diese Dächer erstellen und reparieren.

Eine Variante ist das auf der dänischen Insel Læsø traditionelle Dach aus Seegras.



Fotos: Rainer Schwarz

Aufbau

Ein Reetdach kann als traditionell Kaltdach (mit Hinterlüftung) oder als neu Warmdach (ohne Hinterlüftung) ausgeführt werden.Früher wurde das Reet- oder Strohdach ohne Hinterlüftung als Warmdach konstruiert. Dabei kam die hervorragende Isolationswirkung des Baustoffes Schilf zum tragen: Aufgrund der geringen Rohdichte von Schilf sorgt Reet für guten sommerlichen Wärmeschutz und gute Wärmedämmung im Winter. Im Zuge moderner Bautechniken, haben sich die Reetdächer allerdings ihrem Unterbau angepasst und werden heutzutage mit Hinterlüftung (gemäß DIN 4108) als Kaltdach gebaut. Die Hinterlüftung führt entstehende Feuchtigkeit ab und sorgt so für eine höhere Lebensdauer des Reetdaches.Reetdächer sollten eine Dachneigung von über 45° haben. Die hohe Dachneigung ist dafür verantwortlich, dass die einzelnen Wassertropfen von Halm zu Halm gleiten können. Bei einem funktionierenden Reetdach wird so nur die oberste Schicht der Dachdeckung durchfeuchtet. Reetdächer haben als konstruktiven Bautenschutz einen großen Dachüberstand (Traufüberstand), da keine Regenrinne das Wasser abführt, tropft es in ausreichendem Abstand zum Mauerwerk ab und versickert in einem Kiesbett oder wird durch eine Rinne abgeführt. Der Schornsteinaustritt muss lt. FeuVO mindestens 0,8m über dem First liegen. Der First des Reetdaches ist von Region zu Region unterschiedlich gefertigt. In Regionen in der Heidekraut wächst, wird dieser mit Heidekraut gedeckt. In den Niederlanden, Flandern und Frankreich sind Tonkappenfirste (in naturrot gebrannt oder taubengrau gedämpft) üblich. In Nordfriesland ist der Grassodenfirst zu finden und in den skandinavischen Ländern sowie der Region Kapeln/Flensburg Hängeholzer (Eichenholzreiter), die auf einer Seegrasschicht hängen.


Verarbeitung

Reetdach auf drei verschiedene Arten hergestellt werden: als geschraubtes, genähtes oder gebundenes Dach. Das Reet wird in geschnürten Bündeln geliefert, auf den Dachlatten verteilt und dann so verschoben, dass die unteren Reethalmenden eine schräge einheitliche, durchgehende Fläche bilden. Die Wurzelenden des Schilfs zeigen zum Boden. Die erste Schicht, die sog. Traufschicht wird unter Spannung durch die Bindung am Dach gehalten. Die Spannung erhält die Deckung dadurch, dass die Auflagekante an der Traufe (Kniep) 5 - 7cm höher liegt als die Dachlattenebene. Bei den gebundenen und den geschraubten Dächern wird ein Haltedraht (Schacht) wird auf die ca. 1m breiten und 10-20cm starken Lagen gelegt und mit durch einen geschraubten oder gebundenen Draht auf die Lage gedrückt. Mit dem Klopfbrett werden die Lagen hochgeklopft und in Form gebracht. Dies wird Lage für Lage bis zum erreichen des Dachfirsts fortgeführt, durch das Überdecken der einzelnen Lagen liegt die Bindung in der Mitte der Deckschicht. Das genähte Reetdach kommt ohne Haltedraht aus und ist aufwendiger zu verarbeiten.


Lebensdauer eines Reetdaches

Ein Reetdach hält im Durchschnitt 30 bis 50 Jahre, es sind aber auch Dächer dokumentiert, die über 100 Jahre alt wurden. Die Lebensdauer eines Reetdaches ist von unterschiedlichen Kriterien abhängig:

  • Form und Ausführungsdetails (z.B. Dachneigung, Anzahl der Gauben, Halmneigung)
  • Belüftung des Reetdaches (Lüftungsgewohnheiten der Bewohner)
  • Konstruktion des Daches (traditionell hinterlüftet oder nicht hinterlüftet)
  • Garantie und Qualität des verwendeten Dachreets (Einbaufeuchte)
  • Lage des Reetdaches (Lage des Reetdaches im Gelände, in der Region)
  • Pflege und Wartung des Reetdaches (regelmäßige Pflege und Reparatur)

Unter den Fachleuten herrscht derzeit eine rege Diskussion darüber, ob Kupferprodukte, z.B. Bindedrahte aus Kupfer oder quaternäre Ammoniumverbindungen zur Pflege eines Reetdaches eingesetzt werden können, um die Haltbarkeit und somit die Lebensdauer eines Reetdaches zu verlängern.



Brandgefahr

Reetdächer sind, vor allem im Hochsommer, feuergefährdet, wenn sie von der Sonnenbestrahlung ausgetrocknet sind und sich Zündquellen (vorsätzlich oder fahrlässig) in der Nähe befinden. Aber auch das Silvesterfeuerwerk stellt eine Gefahr dar, so dass auf den nordfriesischen Inseln das Abrennen von Feuerwerkskörpern grundsätzlich verboten wurde. Eine erneute Gefahr stellen die sogenannten Mini-Heißluftballons oder Skylaternen dar.


siehe Artikel:


Ein Brand breitet sich in der Regel binnen einer halber Stunde großflächig aus; die geschnürten Reetbündel lösen sich und rutschen brennend von der Dachfläche, so dass es schwierig sein kann, aus dem Gebäude zu entkommen. Die Feuerwehren raten zumeist dazu, bei einem Brand das Gebäude sofort zu verlassen. Diese Problematik ist seit Jahrhunderten bekannt, so dass sich ab dem späten 18. Jahrhundert, örtlich auch früher, sogenannte Brandtüren verbreitet haben. (Siehe auch Foto „Uthlandfriesisches Haus“) Diese befinden sich an den Längsseiten des Hauses und verfügen über einen eigenen Spitzgiebel, so dass sie beim Verlassen des Gebäudes vor den brennenden Reetbündeln schützen. Aufgrund der gegenüber einem Hartdach erheblich höheren Brandgefahr sind die Prämien für Feuerversicherungen bei traditionell reetgedeckten Häusern höher.


Quellen

  • Unterm Reetdach, Brigitta Seidel, ISBN 978-3-89876-327-1
  • Das Reetdach, Walter Schattke, ISBN 3-7672-1140-8
  • Reet & Stroh als historisches Baumaterial, Mila Scgrader, ISBN 3-931824-09-8


Weblinks


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