Unsere Elektroanlagen im Wandel der Zeit

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Wie lange halten die Bauteile in unseren Elektroinstallationen, bevor es brandgefährlich wird?

Überlegen Sie einmal, welche Elektrogeräte vor 40 Jahren in einem Wohnhaus vorhanden waren.
In der Regel waren dies ein Herd, ein Boiler, Licht, Radio und Fernsehgerät. Vielleicht kam da noch ein Radiator, das Bügeleisen, die Heizdecke und in manchen Haushalten noch eine Waschmaschine dazu, aber sehr viel mehr dürfte in einem Durchschnittshaushalt nicht vorhanden gewesen sein.
Über dem Stromzähler fand man 3 bis 4 Schraubsicherungen oder Sicherungsautomaten (in einem Einfamilienhaus auch mal mehr) und wenn man kochte und gleichzeitig der Boiler aufheizte, musste man Angst haben, dass die Scheibe im Stromzähler das Fliegen lernte, so schnell drehte diese sich.

Und welche Geräte befinden sich heute in einem Haushalt?
Dazugekommen sind in aller Regel Trockner, Spülmaschine, Mikrowelle und EDV/Telekommunikation, um nur einige Geräte zu nennen. Aber die Elektroanlage hat weiterhin den Bestand, wie es zur Bauzeit des Hauses üblich war.
Nicht selten findet man in Altbauten aus Vorkriegszeiten noch stoffummantelte Leitungen in mit Pappe isolierten Bleirohren verlegt. Die Isolation wurde schon lange durch Isolierband ersetzt und nach Aussagen der Nutzer funktioniert diese „Zweileiterversorgung“ von Steckdosen und Lampen mittels klassischer Nullung doch seit Jahrzehnten fehlerfrei! Ist das wirklich so? Welches Risiko gehen wir dabei ein? Und wie sieht es zum Beispiel mit den Sicherungsautomaten aus, die diese Leitungen gegen eine Überlastung schützen sollen? Welche Belastung haben diese im Laufe ihres bisherigen „Lebens“ aushalten müssen? Halten sie noch das, was sie vor 40 Jahren versprochen haben und was passiert in den nächsten 40 Jahren? Werden sie den modernen Ansprüchen an die Elektroinstallation überhaupt noch gerecht? Ist ein Totalausfall (nicht Abschalten bei Überlastung oder Kurzschluss durch Alterung und Überlastung ausgeschlossen, oder ist das nicht von Bedeutung, weil wir uns auf das nächste Überstromschutzorgan („Hauptsicherung“) verlassen können, welches im Fehlerfall die Aufgabe des Leitungsschutzes dann übernehmen muss? Können wir hier noch von einem Brandschutz sprechen, den ein moderner Leitungsschutzschalter bei Überlastung sicherstellen soll?


Vielleicht wird so mancher Laie diese Fragestellungen nicht verstehen, aber wenn wir einmal voraussetzen, dass die VDE-Normen in aller Regel einen Sinn haben und für den Anwender die größtmögliche Sicherheit gewährleisten soll, so ist es nicht akzeptabel, dass wir uns im Fehlerfall auf den Schutz einer „Hauptsicherung“ verlassen (in der Regel 35 Ampere bis 63 Ampere Strombelastung), wo unser Kabel doch durch einen Leitungsschutzschalter von 16 Ampere geschützt werden soll. Wenn wir dann noch das physikalische Gesetz berücksichtigen, dass die Verlustleistung (und damit Wärme) eines Kabel quadratisch mit dem Strom zunimmt (Pv = I² x R), so werden wir verstehen, dass wir ein Leitungssystem und das dazugehörige Sicherungsorgan aufeinander abstimmen müssen, um Alterung, Beschädigungen und die Gefahr von Kabelbränden zu minimieren. Die Gefahr steigt in diesem Beispiel nicht auf das 2-4 fache, sondern aus das 4 – 16 fache an (theoretischer Wert)!
Was ist also zu tun?


Stellt man den Herstellern von Leitungsschutzschaltern die Frage, wie der Elektriker in einer Kundenanlage die Funktionsfähigkeit ihrer Produkte überprüfen kann und ob ein Austausch von Leitungsschutzschaltern nach 30-40 Jahren notwendig ist, so erhält man „aus Wettbewerbsgründen“ keine offiziellen Aussagen. Einig sind sich die Hersteller darin, dass es derzeit keine Prüfung vor Ort gibt, die analog zur Überprüfung von Fehlerstromschutzschaltern eine Aussage über die Zuverlässigkeit von Leitungsschutzschaltern zulässt.
Die Frage, nach welcher Zeit ein Leitungsschutzschalter auszutauschen ist, wird nicht offiziell beantwortet.
Dabei kann man noch verstehen, dass der Hersteller nicht wissen kann, wie viele Kurzschlüsse der einzelne Leitungsschutzschalter abschalten musste, ob er immer an der Leistungsgrenze oder nur gering belastet wurde, welche Umwelteinflüsse auf ihn einwirkten, und so weiter. Aber ist nach 40 Jahren nicht doch das Lebensende eines Leitungsschutzschalters langsam mal erreicht? Nachvollziehbar ist vielleicht noch die Aussage eines Herstellers, der eine Festlegung auf einen Haltbarkeitszeitraum ablehnt, weil der Mitbewerber einen Vorteil haben könnte, wenn er eine „Haltbarkeit“ von z.B. 2 Jahren mehr als der Mitbewerber verspricht. Nur schwer nachvollziehbar ist die Aussage eines Elektromeisters, der nach einem Kabelbrand und dem nicht Abschalten des ca. 35 Jahre alten defekten H-Leitungsschutzschalters die Empfehlung eines Kollegen als unsinnig einstufte, sinnvollerweise alle Leitungsschutzschalter im Rahmen des anstehenden Umbaues des gesamten Wohnhauses auszutauschen. Er fand es kundenorientierter, nur den defekten Leitungsschutzschalter auszutauschen! Kommt hier evtl. ein unkalkulierbares Haftungsrisiko auf den Elektromeister zu oder kann er darauf vertrauen, dass er wegen nicht vorhandener Empfehlungen der Hersteller, VDE-Vorschriften / Richtlinien oder Prüfmöglichkeiten seinen Kunden richtig beraten hat?


Abgesehen von den juristischen Fragen sollte sich jeder Hausbesitzer (Vermieter), jede Elektrofachkraft und insbesondere die Hersteller von Leitungsschutzschaltern fragen, wie eine sinnvolle Entscheidung über den Betrieb von älteren Sicherheitskomponenten in elektrischen Anlagen, insbesondere der Austausch von Leitungsschutzschaltern aussehen muss. Wenn wir uns alleine auf unsere „Bauchentscheidungen“ verlassen müssen, wird es immer einen Fachmann oder Hausbesitzer geben, dessen „Bauch“ aus Wettbewerbs- bzw. Kostengründen weniger schmerzen wird. Die Austauschkosten von 10,-- bis 12,-- Euro pro Leitungsschutzschalter sollten dem Fachmann und dem Nutzer die Betriebssicherheit der Elektroanlage (nach ca. 40 Jahren!) wert sein – oder?

Was für unsere Autos selbstverständlich ist, muss auch in der Elektrotechnik selbstverständlich werden – die regelmäßige Inspektion und der rechtzeitige Austausch von Verschleißteilen und nicht prüfbaren Sicherheitskomponenten.

Für die Überprüfung der Elektroanlagen gibt es Empfehlungen der Fachverbände (in der Regel alle 4 Jahre für ortsfeste Anlagen ohne besondere Betriebsbedingungen). Für den vorsorglichen Austausch sicherheitsrelevanter Bauteile müssen unabhängig vom Wettbewerb seitens der Hersteller sinnvolle Zeiträume für einen Austausch festgelegt werden. „Nichts tun“ bedeutet, dass wir das Risiko für einen technischen Ausfall der Schutzeinrichtungen erhöhen. Welches Risiko wir als noch tragbar ansehen, muss die Gesellschaft bzw. jeder Fachmann oder Nutzer entscheiden. Ein Brand durch defekte Leitungsschutzschalter ist ein hohes Risiko und die Folgen (z.B. der Verlust von Menschenleben) nicht akzeptabel. Natürlich werden wir niemals eine 100%-ige Sicherheit erreichen, aber wir können uns mit vertretbarem Aufwand an die 100% heran tasten. Es ist unsere Entscheidung!

Zum Schluss noch eine Bemerkung auch zu den modernen Elektroanlagen unserer Zeit. Im Laufe der Jahre wurden die elektrotechnischen Bauteile immer besser und nach Aussagen der Hersteller auch sicherer. Beim fachgerechten Umgang mit den jeweiligen Bauteilen ist dies sicher auch der Fall. Wir wissen aber auch, eine 100%-ige Technik gibt es nicht. Nicht zuletzt aus dem Umgang mit der Kernenergie kommt die Erkenntnis, dass das Risiko einer Anlage mit der Reifung der Technik nicht eliminiert werden kann. Nutzen wir also die moderne Technik, indem wir uns größtmögliche Sicherheit in unsere Häuser einbauen, aber lassen Sie uns nicht blind werden und prüfen wir die gesamte Technik in regelmäßigen Abständen.
Damit reduzieren wir ein vorhandenes Restrisiko erheblich!


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April 2012